Götterbaum im Hinterhof
Ailanthus altissima
Simaroubaceae
Im jugendlichen Stadium bildet der Götterbaum, wie er völlig zu Unrecht heißt, bis über 1 m lange Blätter aus, was ihn zur Palme des kleinen Mannes macht. Damit hat sich aber auch schon erschöpft, was man Positives über ihn sagen kann. Dieser äußerst schnellwüchsige Baum aus China breitet sich epidemisch in den Städten aus und übertrifft damit noch die aus Amerika stammende Robinie. Es handelt sich also um einen invasiven Neophyten.
Wenn er blüht, dann stinkt er. Will man ihn entfernen, was auf Grund seiner Fähigkeit, aus der Wurzel immer wieder auszutreiben, gar nicht so einfach ist, sollte man Schutzbrille und Handschuhe tragen. Berühren frischer Schnittstellen kann unangenehme Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Sägespäne sind nicht einzuatmen.
Während er in der Schweiz und in Österreich systematisch entfernt wird, hält man ihn in Deutschland (noch) für harmlos, obwohl er die heimische Vegetation verdrängt. Zugute kommt ihm dabei seine Resistenz gegen Salz, Trockenheit und Industrieabgase.
Im Hinterhof der Martinstraße 9 wachsen aus den Fugen des Basaltsteinpflasters unzählige Exemplare ungestört heran, was aufzeigt, dass er sehr genügsam ist und überall sein Plätzchen findet.
Der Götterbaum hat auch eine Wiener Geschichte. Dort hatte man spitz bekommen, dass auf ihm ein Spinner gedeiht, der einen seidenähnlichen aber robusteren Faden als Seide liefert. Man schrieb das Jahr 1856, als man ihn dort einführte und versuchte, eine Seidenindustrie aufzubauen. Der Baum gedieh, dem Spinner aber war es zu kalt. Jetzt plagt man sich mit diesem inversiven Neophyten rum. Schmäh! Bald ist es wieder so weit. Im Juli erscheinen die stinkenden Blüten, ihr Wiener. Möge geraspelter Götterbaum Eure Sachertorte zieren!
Angesichts des Götterbaums versinkt im Hinterhof die Sonne im Schornstein.
argee gleim - 9. Jul, 15:09