Mittwoch, 28. Juni 2006

Nationalpreis

Nationalpreis, so was gibt es doch gar nicht! Doch, es gibt ihn. Er ist mit 75.000,00 Euro auch hübsch ausgestattet. (zum Vergleich: Ingeborg Bachmannpreis 25.000,00 Euro)

Der Nationalpreis stammt nicht aus einer alten Mottenkiste. Er ist ganz jung (1997) und passt gut zur Leitkultur. Das verbindet ihn möglicherweise dann doch mit überwunden geglaubten Zeiten.

Jetzt ist er mal wieder verliehen worden. Glücklicher Preisträger ist eine Realschule im Wedding, die verordnet hat, dass an dieser Schule nur Deutsch gesprochen wird. Bei 80% Schülern aus den verschiedensten Ländern sicher eine kluge und verbindende Lösung - für diese Schule. Ich bin weit davon entfernt, das "Zwangsgermanisierung" zu nennen. Darum geht es nicht.

Initiator des "Nationalpreises" ist die Deutsche Nationalstiftung. Das ist keine von dem Nationalen nahestehenden CDU/CSU-Kreisen initiierte Kiste. Im hier verlinkten Pressetext heißt es: Gegründet wurde die Deutsche Nationalstiftung 1993 von einem Kreis hochrangiger Politiker, Künstler und Unternehmer um den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Ich wollte das dem aufgeschlossenen Leser des gnogongo nicht vorenthalten und nehme an, dass er angesichts der feinen Unterschiede, die wir aktuell zwischen Patriotismus und Nationalismus machen, ein wenig mokant sarkastisch lächelt.

Mehr zur Nation gibt es hier

Rasen

Rasen

Viele, viele millionen Gärten bestehen zu einem großen Teil aus einer Rasenfläche. Diese bedarf der permanenten Pflege. Hierzu werden Geräte und Maschinen hergestellt und gekauft. Denn so ein Rasen muss regelmäßig gestutzt werden, Alles, was nicht Gras und zwar gewolltes Gras ist, muss eliminiert werden. Moos darf schon gar nicht aufkommen. Der Rasen muss mindestens einmal im Jahr `gelüftet‘ werden. Anflüge von Moos und alte, absterbende Gräser müssen entfernt werden. Die hierzu notwendige Handlung erweitert unseren Wortschatz um den Ausdruck ‚vertikutieren‘ Na, das ist doch was. "Nein, heute nachmittag habe ich keine Zeit. Ich muss meinen Rasen noch vertikutieren"

Einer solchen Argumentation kann man kaum widersprechen, enthält dieser Satz doch eine Vokabel mit höherer Weihe. Frau Müller mit ihren zehn Quadratmetern Grün mit Gänseblümchen, Löwenzahn und Wegerich zwischen den unregelmäßig langen und sogar noch von Fremdgräsern, gar von Quecke durchsetzen Grün vor dem Küchenfenster kann so ein großartiges Wort erst gar nicht aussprechen. Frau Müller hat nicht mal eine Wiese. Dazu ist ihr Grünfleck einfach zu klein. Frau Müller hat gar nichts. Frau Müllers Grün gibt es nicht. Frau Müllers Grün gilt nicht. Frau Müller düngt nicht mal regelmäßig, pflegt ihr Grün nicht und lässt auch nicht jedes Wochenende ihren Rasenmäher über das wohlgeordnete Grün surren oder knattern. Wer weiß, wie deren Küche aussehen mag. Die hat bestimmt eine abgewetzte Plüschgarnitur im Wohnzimmer stehen.

Was hat das eigentlich auf sich mit dem Rasen? Wie kommt es dazu, dass der Rasen etwas so fast Unabdingbares in der Nähe des Hauses geworden ist?

Naturgegeben ist eine Grasfläche in unserer Vegetationszone nicht. Hier herrschte, überließe man das Land sich selbst, dichter Mischwald, vielleicht hie und da von einer kleinen, grasbewachsenen Lichtung unterbrochen, die im Dickicht des schier unendlichen Waldes auf geradezu wundersame Weise einen etwas weiteren Blick als den auf die vielen Baumstämme, das Unterholz, die Farne und hin und wieder aber selten auf eine Blume erlaubte.

Ursprüngliche, kleine, primitive menschliche Ansiedlungen in einem solchen Wald nutzen diese Freiflächen oder schaffen sich solche durch das Fällen von Bäumen. Auch hier entwickeln sich seitlich des fest getretenen Zentralplatzes und seitlich der Trampelpfade Grasflächen, Nahrung für Vieh, welches wiederum verhindert, dass dort wieder Bäume aufwachsen.

Um mehr Vieh halten zu können und um Ackerbau treiben zu können, wird noch mehr Wald gerodet. Auf den Äckern wachsen die Früchte und das Gras wird vom Vieh kurz und von dort unliebsamen anderen Pflanzen frei gehalten. Wo Letzteres nicht ausreicht, hilft der Mensch nach, indem er Disteln, Brennesseln, aufkeimende Brombeeren und andere Störenfriede entfernt. So ist eine Art Rasen entstanden. Und so werden immer noch viele Grasflächen sauber und kurz gehalten. Man denke an Deiche oder auch an die Rhein- und andere Flußwiesen.

Das funktioniert übrigens nicht überall. Nehmen wir z.B. die Lüneburger Heide, eine ausschließlich auf Grund von Tierfraß entstandene Landschaft. Hier wächst selten Gras. Hier wachsen Heidekräuter. Das hängt unter anderem mit der Bodenbeschaffenheit zusammen, die den meisten Gräsern keine Existenzgrundlage bieten. Die anspruchsloseren Heidekräuter hingegen finden hier eine Nische, in der sie existieren können, so lange höherer Gehölzbewuchs durch die Tiere verhindert wird.

Doch zurück zum Rasen. Savannen und Steppen, Landschaften die aus Gräserflächen bestehen, können wir außer Acht lassen, weil sie bei uns, außer vielleicht und ansatzweise im süddeutschen Rheingraben, der in der Tat zu versteppen droht, nicht vorkommen. Streuobstwiesen, Wiesen, die zur Maht angelegt wurden, um Winterfutter für das Vieh in Form von Heu oder Sillage zu erzeugen, können ebenfalls vernachlässigt werden. Wir haben es somit mehrheitlich mit bewusst oder unbewusst unter dem Einfluss des Menschen entstandenen Vegetationsformen zu tun.

Möglicherweise, aber das ist Spekulation, kann das grasige Grün, die Fläche mit dem etwas weiteren Blick als dem auf den nächsten Baumstamm und auch der Triumph, den Wald wenigstens ein Stück besiegt zu haben, sehr wohl eine Rolle beim Entstehen und der Wertschätzung unserer Rasenflächen spielen.

Machen wir noch einen spekulativen Versuch. Wo tauchen denn in unserer Vegetationszone Rasenflächen im Bereich der Mächtigen, des Adels, der Begüterten in historischen Zeiten auf? So unmittelbar am Haus, pardon, Schloss finden wir sie nicht. Dort herrschen streng formale Bosquetten, mit dem Lineal gezogene Auffahrten von prächtigen Bäumen flankiert und kiesgeschmückte Wege. Hier ist Gras eher der Feind der ‚höheren‘ Ordnung. So ein Primitivling muss dem Herrschaftswillen, der manche andere Pflanze ebenfalls in strenge, geometrische Formen gezwungen hat, des heraus gehobenen Menschen weichen.

Aber darüber hinaus, da wo strenger Formalismus ausfasern durfte, wo der wilde Wald zwar nicht einfach geduldet sondern in für den ‚Natur’beherrscher erträgliche Form gebracht wurde, Baum und Strauch nicht in ihrer Wildheit belassen sondern als Gestaltungselement erhöht wurde, wo der dichte, fast undruchdringliche Wald verdrängt und durch Partien mit Durchblicken und Weitblicken ersetzt wurde, da entstand zum ersten Mal etwas, was man Rasen nennen kann. Der Park, zuerst der herrschaftliche Park, der Lustpark, der später wie so Vieles ehemals dem Adel Vorbehaltene vom Volk übernommen wurde, war entstanden.

Da, so scheint mir, liegt der Hase im Pfeffer und der Rasenmäher im Gras. Nach den diversen blutigen und unblutigen Revolutionen wurde die Attitüde des Adels von den Bürgern übernommen. Villen mit parkähnlichen Gärten entstanden. Gärtner und Gartenarchitekten fanden Berufung, Beruf und Einkommen. Großbürger unterhielten auch richtig ausgedehnte Parks. Nehmen wir z.B. die Villa Hügel in Essen.

Da die Entwicklung nicht bei der bürgerlichen Gesellschaft und dem Großbürgertum Halt gemacht hat, entstanden mit dem Kleinbürger dann auch die kleineren Häuser mit den kleineren Parks, den Gärten. Aber eins hat sich gehalten, die gestutzte, dem menschlichen Willen ausgelieferte, ‚gepflegte‘ Grasfläche, der Rasen.

Und heute wird darum ein Kult getrieben, der ganze Industrien nährt, Produkte entstehen lässt, die sowas von lächerlich und überflüssig sind, dass die Geschichte sich kugelt vor Lachen. Hochschulinstitute beschäftigen sich mit ‚Rasenforschung‘. Die chemische Industrie entwickelt immer neue Präparate. Bis in die Medien wird diskutiert, ob der letzte Rasenschnitt vor dem Winter 4 oder nicht doch 4,2 oder sogar 4,5 cm Grashalmhöhe belassen sollte. Ja, das Leben wäre schon langweilig, wenn man nicht solche Probleme hätte. Und wohin mit dem ganzen Geld, wenn man nicht dieses Aushängeschild der Form, der Ordnung, des Herrschaftsanspruchs bepflegen müsste, was eben was kostet, was man sich leisten kann.

Nichts gegen Parks, (ich liebe Parks) nichts gegen Rasenflächen, nur wem das Stück Rasen um sein Haus zu viel Zeit und Geld kostet, dem sei gesagt, Rasen muss nicht sein. Es geht auch anders und das viel interessanter, pflegeleichter und letztendlich auch billiger, nebenbei auch ökologisch sinnvoller, aber vor allem weniger lächerlich.

Pressefreiheit?

Tor

In Stuttgart sumpft es.

Antidiskriminierungsgesetz

Ich weiß, die Regierung folgt mit dem Antidiskriminierungs- oder auch Gleichstellungsgesetz einer Vorgabe aus Brüssel. Der seltene Fall, dass der deutschen Regierung mal nicht selbst ein Thema zur Gesetzesflut und –wut eingefallen ist.

Aber versteht einer, was da geregelt wird? Ich war der Meinung, dass Gleichstellung schon im Grundgesetz geregelt ist. Somit könnte es sich nicht um ein Antidiskriminierungsgesetz handeln sondern um ein Antidiskriminierungsdurchführungsgesetz.

Die Papierflut ergießt sich weiter längs der Regierungsbänke und dann in alle Verästelungen des Regierungsdeltas, in dem wir unsere Pfahlbauten errichtet haben, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Schwimmt da nicht auch eine Portion Gesinnungsüberwachung in den trüben Fluten?

Ich bin dankbar für jeden Hinweis, der mir Sinn und Zweck dieses Antidiskriminierungs- bzw. Gleichstellungs- Kungelgesetzes erklärt.

Bitte keine große Oper

Joschka Fischer ist weg

Gestern hat sich Joschka Fischer von den Grünen und aus der Politik verabschiedet. Es heißt, er habe eine Gastprofessur an einer der besseren Unis in USA, Princeton, angenommen.

Damit tritt einer der Letzten aus der 68er Generation ab. Und sicher einer der Besseren. Mir hat er oft Spaß gemacht, was man wahrlich nicht von jedem Politiker sagen kann. Für mich war er Teil des Deckels, der sich über dem Muff der Adenauer- bis Kohlära schloss.

Jetzt ist er weg und der Deckel hat ein verdammt großes Loch bekommen.

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