Samstag, 26. August 2006

Ferien auf dem Bauernhof

Familie 'hoher Ministerialbeamter' macht Urlaub auf dem Bauernhof so richtig gesund und volksnah. Tochter hat sich sofort für des Bauern geduldiges Fohlen entschieden und reitet und striegelt und füttert, wie die Bauersfrau es ihr gezeigt hat. Tochter ist versorgt und glücklich.

Mutter hat zuerst den Kräutergarten entdeckt, dann die Rosen im Bauerngarten und geht fortwährend mit feiner Nase durch den ganzen Hof und schwelgt in süßen, herben, komplexen und abnormen Düften. Nebenbei achtet sie darauf, ob die Bauersleut dieses oder jenes Gemüslein nicht doch bei Vollmond ernten, nachdem sie in ein Kuhhorn geblasen haben.

Für Sohnemann stellt sich so ein Aufenthalt außerhalb der ihm gewohnten Zivilisation schon problematischer dar. Wie der Eber sein korkenzieherartig geformtes Teil in die Sau rammelt, sich das anzusehen, ist spätestens nach dem dritten Mal langweilig. So ein nasses, blutiges Kalb, wie es auf dem Boden liegt, während die blutige Nachgeburt noch aus der Kuh hängt, erzeugt seine Abscheu und nicht seine Neugier. Mit Trecker und Pflug eine gerade Furche zu ziehen, gelingt ihm so wenig, dass der Bauer ihm den Trecker nicht mehr geben will. Schließlich hat er seinen Hang zum Küchenpersonal entdeckt, gibt es doch so manche dralle, rotwangige und offenherzige Magd auf dem Bauernhof. "Natürlich nur aus purer Langeweile", wird er später sagen.

Vater selbst will richtig was anpacken. Der Bauer ist etwas verlegen. Was kann man so einem Schreibtischtäter zumuten? Er findet ein, zwei leichte Arbeiten. Doch Vater ist es nicht zufrieden. Er will was zum richtig Anpacken haben etwas, was ihn körperlich fordert. Nun gut. Der Bauer führt ihn auf den Hof, auf dem schon zugeschnittene Baumscheiben liegen. Es gilt, diese in Scheite aufzuspalten. Der Bauer zeigt ihm, wie man mit einer Axt und einem Beil umgeht und noch ein Paar Tricks für diesen und jenen Fall, wo das Aufspalten nicht so recht gelingen will; auch den Trick mit dem Keil. Er lässt den Beamten zurück und begibt sich aufs Feld und meint zu wissen, dass der Schreibzeugschwinger kaum etwas schaffen wird.

Umso erstaunter ist er, als er abends nach Hause kommt und alles Holz in Scheiten sauber gestapelt an der Hauswand neben der Tür zur Küche sieht; daneben einen strahlenden Beamten. "Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut", begrüßt er den Glücklichen, "Alle Achtung!"

Am nächsten Tag will Vater eine neue Aufgabe haben. Der Bauer überlegt und meint, dem Gast jetzt nicht wieder eine derart schwere Aufgabe geben zu dürfen, führt ihn in den Keller, wo ein großer Haufen Kartoffeln liegt. Er zeigt, wie man gesunde und verwertbare Kartoffeln von schlechten oder faulen unterscheidet und lässt Vater Kartoffeln sortieren.

Als der Bauer an diesem Abend nach Hause kommt, findet er keinen strahlenden Beamten vor. Der ist nirgends zu sehen. Der Bauer geht in den Keller und schaut nach, ob Vaters innere Uhr im dunklen Keller nicht richtig tickte und er des Tages Ende verpasst hat. Und richtig; er findet seinen Gast mit grübelnder Miene vor dem Haufen Kartoffeln hocken, in der rechten Hand eine Kartoffel, in der linken Hand eine Kartoffel. Sortiert ist nichts.

Der Bauer wundert sich abermals. "Nicht dass Sie hier was leisten müssen. Sie machen Ferien und sind mein Gast und kein Knecht. Aber das verstehe ich jetzt nicht. Gestern hatten Sie eine richtig schwere Arbeit und sie haben Alles geschaftt. Aber heute....." "Ja -- hier gilt es, eine Entscheidung zu fällen", fällt Vater Ministerialbeamter dem Bauern ins Wort.

Über-Schuss

Wenn etwas so richtig übel läuft, dann gibt es keine Probleme, damit umzugehen. Es wird schön geredet. Da wird zum Beispiel eine Wahl so richtig deftig verloren und doch gibt es nur Gewinner. Da wird diametral zu dem, was lange Zeit beschworen wurde, gehandelt. Das ist dann eine völlig neue Situation, die mit dem, was vorher gesagt wurde, nichts zu tun hat oder es stellt gar die logische Folge aus dem vorher gesagten dar.

Jetzt aber wird es schwierig. Da ist auf einmal und das ganz überraschend Geld übrig. Es ist somit etwas Positives geschehen. Das kennen die Politiker nicht und ihr Hirn ist auf Gedanken in dieser Richtung nicht trainiert. Wer ist das nun schuld? Wohin mit dem Geld? Panik. Streit bis aufs Messer. Verzweiflung und großes Getöse. Stürzt die Regierung?

Den Tod Stalins haben wir damals besser verkraftet.

Wort der Woche

Kofferbomber

Überleben

Die Güterzüge waren schier endlos lang. Es dauerte eine Ewigkeit, bis so ein Zug von einer schnaufenden Dampflok gezogen vorbeigerollt war. Die Geschwindigkeit entsprach in etwa der eines schnell laufenden Mannes. Im Sekundentakt war das gepresste Atmen der angestrengten Lok zu hören, wobei sich der grau-schwarze Rauchfilm, der als permanenter Schleier heiß zitternd aus dem Schornstein der Lok die Windrichtung anzeigend wehte, in eine dicke, weiße Dampfwolke verwandelte. Und immer wieder verloren die großen, schweren, eisernen Räder des Dampfrosses den Kontakt zu den stählernen Gleisen. Welche Kraft dort wirkte, wurde offenbar, wenn diese Räder durchdrehten und aus dem regelmäßigen Fauchen ein plötzliches, rasendes Stakkato wurde, sich Stahl auf Stahl rieb, dass es Funken sprühte und nicht große, weiße Dampfwolken in den Himmel wallten sondern viele, kleine, weiße Rauchfetzen den grau-schwarzen Rauchschleier durchspitzten und die Erde erzitterte.

Im Abstand von etwa 200 Metern gab es in so einem kilometerlangen Zug einen Wagen mit Bremserhäuschen, das jeweils mit einem Bremser besetzt war. Wenn ich mich recht entsinne, ich zählte mal gerade 5 Jahre, waren diese Männer bewaffnet. Denn ihre Aufgabe war weniger die, den Zug im Notfall zum Stillstand zu bringen sondern vielmehr die, die Fracht zu bewachen. Die Bremser waren gefürchtet.

Warum das? Selten transportierte solch ein Zug Güter, die der Wirtschaft, seinerzeit dem Wiederaufbau dienten. Das Meiste, was da transportiert wurde, waren Reparationsleistungen. Stahl aus der Demontage von Fabriken im Ruhrgebiet, zweite Gleise zweigleisiger Bahnstrecken und vor allem Kohle; Kohle für die Alliierten. Und wir mussten frieren. Unsere Kohle. Und wir mussten immer noch frieren.

Es war ein Akt der gefühlten Gerechtigkeit und schlicht eine Notwendigkeit, in respektabler Entfernung von einem dieser mit einem Bremserhäuschen versehenen Wagons auf den Zug zu springen, auf den Wagen zu klettern und so schnell wie möglich soviel wie möglich der großen bis zu mehreren Zentnern schweren Kohlebrocken von den übervollen Wagons zu rollen, die dann zwischen Bahndamm - da wo der Tabak wuchs - und Gleis landeten. Jeder hatte so einen zwei- oder vierräderigen Handkarren, mit dem man dieses schwarze Gut abtransportieren konnte.

Einmal ging ein Gerücht wie ein Lauffeuer durch die Bauernhöfe und einzeln stehenden Häuser dort auf dem Land. Im nur 4 km entfernten Güterbahnhof soll ein Güterzug voll mit bester Kohle entgleist und teilweise umgestürzt sein. Man munkelte, das sei das Werk mutiger Männer, also von uns, gewesen. Ein Heer von Handkarren nahm Kurs auf diesen Bahnhof. Und eine gute Stunde später füllten sich die Keller mit bester, glänzend schwarzer Kohle. Und die wieder leeren Wägelchen machten sich abermals auf, dem Winter den Schrecken zu nehmen.

Man erzählte sich, dass die Wachposten und Bremser der Alliierten zwar mit gezogenen Pistolen und Gewehren im Anschlag um die Unglücksstelle herum ständen jedoch nicht schössen, sei es, dass sie fürchten mussten, von den vielen Hundert Kohlenklauern nach dem ersten Schuss dann letztendlich doch massakriert zu werden oder es war einfach Mitleid. Mehr als zwei mal schaffte man es nicht, sich einzudecken. Denn dann kamen ordentliche Truppen der Siegermächte und machten dem ein Ende. Lebensgefährlich war dieser Kohlenklau allemal.

Heute reicht es, einen Koffer in einem Bahnhof zu vergessen, um den gesamten Zugverkehr der Region für Stunden lahm zu legen.

Dada Bonbon

Gummibaerchen Gespannt und suchend schaute der kleine Junge mit großen, braunen Kulleraugen aus dem Fenster der Straßenbahn. Plötzlich schnellte sein Arm, jetzt eine Linie bis hin zu seinem ausgestreckten, kleinen Zeigefinger, nach vorne, und er rief laut: "Dada Bonbon!" "Mutti aussteigen!" "Nein, hier müssen wir noch nicht aussteigen. Wir müssen noch ein Stück fahren." "Dada Bonbon, aussteigen. Aussteigen. DADA BONBON" Sein Finger zeigte und sein Blick fiel auf ein Büdchen.

Zufall

blaue-Scherben

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