Wilder Kerbel
Anthriscus sylvestris (Apaceae)
Der Wilde Kerbel ist ein in ganz Europa verbreitete, mehrjähriges Kraut. Er findet sich vor allem auf nährstoffreichen Böden wie Fettwiesen, Wegrainen, Hecken, Waldrändern und Auenwäldern. Er kommt dort auch unter hohen, dichten Bäumen vor. Die schirmförmigen Blütenstände tragen weiße, selten auch rötliche Blüten. Die Früchte erinnern an Kümmel.
Das ist die nüchterne, heute übliche, populäre Beschreibung. Das sah vor gut 150 Jahren noch anders aus. Wie anders habe ich einer von J. G. Krünitz gegründeten Enzyklopädie entnommen.
Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft ist der Titel einer der umfangreichsten Enzyklopädien des deutschen Sprachraums. Das von J. G. Krünitz begründete Werk erschien 1773 bis 1858 in 242 Bänden und stellt eine der wichtigsten deutschsprachigen wissenschaftsgeschichtlichen Quellen für die Zeit des Wandels zur Industriegesellschaft dar.
Der foldende Text ist dem Band 37 der Enzyklopädie entnommen.
1. Der wilde Kerbel, Kerbel Kern, wilde Myrrhen Kerbel, Myrrhen=Schierling, Kälberkern, Kälberkropf, Kuhpeterlein, Busch=Möhre, an einigen Orten auch Schere genannt, Myrrhis syluestis, seminibus laeuibus C. B. Cicutaria vulgaris J. Banh. Dod. Chaerophyllum siluestreperenne, cicutaefoho Tourn. Chaerophyllum s Cerefolum syl. uestre perenne, seminibus l euibus nigris Moris. Chaerophyllum seminibus laeuibus nitdis, petiolis rameis aequalibus Royen. Chaerophyllum seminihus laeuibus nitidis, nervo foliorum sabhirsuto Hall. Chaerophyllum syluestre, caule laeui striato, geniculis tumidiusculis Linn. Fr. Cicutaire.* Diese Pflanze ist in Obst= und andern Gärten, auch auf Aeckern, Wiesen, in Hecken und an Zäunen in ganz Europa ein sehr gemeines Unkraut, wo es im Apr. und Moy blühet. Seine Wurzel ist dick, lang, weiß, und von einem scharfen, etwas gewürzhaften Geschmacke. Der dicke, röhrige Stängel ist mit abgesetzten knotigen oder aufgeblasenen Gelenken abgetheilt, gestreift und etwas rauh anzufühlen. Die Blätter sind groß, die untersten zuweilen 1/2 Elle lang, in vielfache Aeste getheilt, gleichsam dreyfach gefiedert, und die Blättchen vier= oder fünffach scharf eingekerbt, glatt, die dickere Rippe aber ist mit Haaren besetzt; zuweilen sind auch die ganzen Blätter haarig. Die Haupt= oder allgemeine Blumen=Dolde hat entweder keine Einwickelung, oder es steht an derselben nur ein einziges Blättchen; die kleinern aber sind mit 5 bis 7 eyförmig zugespitzten, etwas rauhen Blättern umgeben, welche sich mit der Zeit rückwärts biegen, und davon das äussere größer ist, als die übrigen. Die fünf weißen, oft auch röthlichen, Blumenblätter sind ganz, oder nur eingekerbt, und an den Randblümchen von verschiedener Größe. Die glatten, langen, glänzenden und dunkel gefärbten Samen zeigen eine kleine, kaum merkliche Rinne.
Die Pflanze wächst auf den Aeckern unter dem Speise=Kümmel; von diesem aber ist sie durch ihren besondern Umschlag, welcher aus dreyfaltigen, breitern, floßfederartigen Blättchen besteht, die sich nicht bis an die Basis durchkreutzen, und durch ihre pfriemenförmige Samenkorner leicht zu unterscheiden. Von dem gefleckten Schierlinge unterscheidet sie sich an der mangelnden allgemeinen Hülle, und dem ungefleckten Stängel.
Weil der wilde Kerbel oder Kälberkropf sich in Obst= und Gras=Gärten, und auf Wiesen gar sehr verbreitet, sucht man ihn gern zu vertilgen, und zwar um so mehr, weil, wo derselbe häufig wächst, einen guten fruchtbaren Boden anzeigt, welcher zu andern nützlichen Kräutern angewendet werden kann. Denselben in einem einzigen Jahre zu vertilgen, ist nicht möglich; allein, in einigen Jahren denselben in einem Gras=Garten gänzlich auszurotten, kann mit leichter Mühe und wenigen Kosten bewerkstelliget werden, da er keine kriechende, sondern spindelförmige Wurzel hat, und sich mehr durch den Samen, als durch seine Wurzel, verbreitet. Man lasse daher im Frühlinge, ehe derselbe in Stängel schießt, die großen Pflanzen desselben sorgfältig ausgraben. Dieses kann alsdann leicht geschehen, weil die Wurzeln noch dick und saftig sind, und nicht leicht Haupt=Wurzeln davon in der Erde zurück bleiben. Dadurch wird man schon vielen Platz zu andern nützlichen Kräutern gewinnen, womit man die leeren Plätze besäen kann. Die kleinern Pflanzen lasse man bis zum künftigen Jahre stehen, da man sie denn eben so behandeln kann. Man muß aber vornehmlich dahin sehen, daß keine von den zurück gebliebenen Pflanzen blühe und Samen trage, weil ohne diese Vorsicht alle angewandte Mühe, dieses Unkraut gänzlich auszurotten, vergeblich ist. Man lasse also die Stängel, ehe sie blühen, sorgfältig abschneiden, <37, 13> damit durch den Samen keine junge Pflanzen weiter erzeuget werden.
Nach J. Köhne Vorschlag, sticht man im Frühjahre, so bald die Wurzel Kraut hervor getrieben hat, dieselbe, wenn man sie entdeckt, ab, welches einer, der die Schaufel nur einiger Maßen fertig zu führen weiß, ganz leicht bewerkstelligen kann. Man hält nähmlich die Schaufel etwas schräger, als wenn man graben will; in dieser Lage sticht man, nahe bey dem Kraute in die Erde, in solcher Richtung, daß das oberste Ende oder die Krone von der Wurzel getroffen und abgestochen wird, welches daran zu erkennen ist, wenn die Schaufel ein wenig vorwärts aufgebeuget wird. Auch kann das oberste Ende, oder die Krone, mit den Fingern aus der Erde genommen werden, und alsdann ist man seiner Sache gewiß. Das unterste Ende von der Wurzel wächst nicht wieder aus. Man hat auch wohl gesehen, daß einer verschiedene Mahl, aber immer etwas tiefer, gestochen hat, um desto gewisser die Wurzel zu treffen, wie es sich denn auch gefunden hat, daß sie an einigen Orten in Stücke zerstochen gewesen ist. Mit dieser Behandlung wird fortgefahren, bis keine einzige mehr zu finden ist; und sollte sich hin und wieder auch eine kleine Wurzel versteckt haben, so wird solche in dem folgenden Frühjahre auf eben die Art verfolget.
54 und 63 St. des Hannov. Magaz. v. J. 1783.
Die Pflanze hat einen wiedrigen, fast stinkenden Geruch; und da das Kraut auch ohne dies eine Aehnlichkeit mit den Blättern des gefleckten Schierlinges hat, so hat man daher vielleicht geschlossen, daß sie giftig sey. und will angemerkt haben, daß der Genuß der Wurzel, wenn sie im Winter ausgegraben wird, in dem menschlichen Körper Verwirrung der Sinne, tiefen Schlummer, Bangigkeit, Trägheit, Wuth und Berauschung verursachet habe; aber kein einziger Fall in den Geschichtbüchern der Aerzte beweiset, daß derselbe tödlich gewesen sey.
Myrrhis, species Cicutae terrestris, non ira deletetia, vti Cicuta palulrris, oder, daß der wilde Kerbel, Myrrhen=Schierling, so schädlich nicht sey, als die Cicuta paluttris, oder der Schierling, st. im 22 Vers. der bresl. Samml. Nov. 1722, S 575, fgg.
Ob gleich diese Pflanze in Kamtschatka eine sehr gewöhnliche Speise, und in Deutschland ein unschädliches Futter für Rindvieh und Schafe ist, so soll doch, wie Gmelin, in seiner Flora Sibir meldet, die Wurzel den Ochsen in Sibirien tödlich seyn.
Ehrhard versichert, daß die Pflanze ohne Schaden von den Kühen verzehret werde. Hr. Pred. *
*
In seiner Abh. ein Land, in Ermangelung des Düngers, fruchtbar zu machen und fruchtbar zu erhalten, im 2 B. des Strals Magaz. Berl. und Strals. 1772, 8. S. 95, fgg. Allein, darin irret Hr G. daß er diese Pflanze Pastinaea siluestris nennt.
Graßmann erzählt, wie er den Kälberkropf zum Viehfutter nutze, folgender Maßen. "Verständige Landwirthe haben selbst tief einschlagende einländische Gewächse schon von langen Zeiten her, zu nutzen gesucht. Ich besitze selbst ein Stück Land, so einen sandigen Grund in der Oberfläche und einen lehmigen in der Unterlage hat, welches, wegen der darauf gesetzten Obstbäume, eingeheget ist. Auf selbigen haben meine Verfahren ein Gewächs, das fast nicht auszurotten ist, herauf gebracht. Man nennt es hier zu Lande Kälberkrop (Pastinaca syluestris). Das Kraut hat eine große Aehnlichkeit mit dem, so der Kümmel hervor bringt, nur daß es ein dunkler Grün hat. Wenn man dieses Kraut nicht, sobald es etwa einen Fuß hoch, abhauet, so erhält es, wie der Kümmel, einen Stengel, und auch dieser ist, wenn er grün vorgeleget wird, dem Rindvieh noch angenehm und gedeihlich. Fängt aber dieser Stengel an bereits Saat zu setzen, so ist er zu hart, und nur noch das daran vorhandene Kraut zum Futter zu gebrauchen. Dieser Stengel wächst öfters einige Ellen hoch. Ich bediene mich dieses Krautes zum Futter für die Kühe, Kälber und Schafe, sehr vortheilhaft, besonders da es zeitiger als das gewöhnliche Gras in die Höhe schlägt, und gewinne, nach dem Umfange dieses Landes, einen ziemlichen Vorrath von Dünger. Wenn ich es aber für nöthig finde, dieses Gewächs mit den Wurzeln auszugraben, so gebrauche letztere zum Futter für die Schweine.
<37, 15>
"Ich habe diesen Kälberkrop jährlich 4 bis 5 Mahl abhauen können, und weder ich noch meine Vorfahren sind jemahls dahin bedacht gewesen, dieses Land auch nur mit etwas Dünger zu belegen, da es ohne Zweifel noch mehr austragen würde. Auch dieses ist noch anzumerken, daß es sich selbst unter den stärksten Bäumen erhält, und durch andere flache Wurzel schlagende Gras=Arten nicht zurück halten läßt, sondern selbige vielmehr vertreibt. Da es wenigstens über 30 Jahr gestanden, und man keine Abnahme verspüret, so schließe hieraus, daß sich entweder die Wurzeln so lange halten, oder von denen an einigen Orten, nahe an den Stämmen der Bäume, stehen gebliebenen Stengeln die Saat wieder müsse ausgestreuet seyn. Die Saat kommt bereits im Anfange des Augustmonaths zur Reife, und hat ebenfalls eine große Aehnlichkeit mit dem Kümmel. Ich finde auch nicht die geringste Spur, daß die Wurzeln von einer großen Kälte hätten sollen Schaden genommen haben.” Hr. G. empfiehlt diese Pflanze so gar dem koporischen Bauer zum Anbau, und hofft, daß sie daselbst wachsen werde. *
*
Diese Vermuthung bestärkt Hr. Hofr. Beckmann, welcher, diese Pflanze einige Mahl in Ingermannland wild wachsend gefunden zu haben, im 1 St. des 4 B. seiner physik. ökon. Biblioth. S. 83, versichert.
In Holland macht man aus dem Kraute einen Brey=Umschlag wieder den Brand. Die Blumen werden fleißig von den Bienen besucht. Mit den halb geöffneten Blumen wird, wenn sie mit Alaun abgekocht werden, in Schweden gelb gefärbet, und diese Farbe soll besser seyn, als von dem Schartenkraute. Die Blätter geben eine schöne grüne Farbe.
Im Jun. trifft man auf dem wilden Kerbel kleine Raupen an, die das Kraut rein abfressen, so daß die nackten Stängel da stehen. Diese Räupchen sind nur 6 Lin. lang, und verhältnißmäßig dick. Die Farbe des ganzen Körpers, des Kopfes und der Füße, ist hell= oder grasgrün; doch spielt die Farbe am Kopfe etwas in das Braune. Längst dem Rücken geht eine dunkelgrüne Linie, und an jeder Seite derselben noch ein anderer breiterer Streifen von gleicher Farbe, herunter, so, daß der Rücken 3 lange Streifen hat. Auf jeder Seite der Mittel=Linie zwischen ihr und den beyden Seiten=Streifen, befinden sich aufjedem Ringe 2 schwarze, nach der Länge des Körpers liegende Puncte. Uebrigens befinden sich auf dem Ringe noch 8 bis 10 dergleichen Puncte, in deren jedem ein kurzes und sehr feines Härchen steckt. Sie haben 16 Füße. Am Ende wird der Leib etwas dünner. Die Lebhaftigkeit dieser Raupen ist ausserordentlich groß. So bald sie berührt werden, gehen sie rück= und vorwärts, zerarbeiten sich gewaltig, schlängeln sich so stark und geschwinde hin und her, daß sie von einer Seite zur andern zu springen scheinen, und man kann den Leib wirklich in der Luft schweben sehen. Sie wickeln die zackigen Kerbel=Blätter wie ein Röllchen dergestalt zusammen, daß die untere Blatt=Seite auswendig kommt, welches sie durch ein zartes Gewebe von weißer Seide bewerkstelligen. In der Höhlung der Rolle steckt die Raupe, und naget die Wände ihrer Wohnung ab. Wenn das Blatt aufgezehrt ist, begibt sie sich auf ein anderes, welches sie eben so zusammen rollet. Wenn man diese Rolle nur ein wenig berührt, kriecht sie rücklings schnell heraus, und lässet sich an die Erde herunter; denn sie hat an jedem Ende eine Oeffnung gelassen. Ihre geschwinde Retirade geschieht um der Feinde willen, die ihr nachstellen, worunter die einsam lebenden Wespen die schlimmsten sind, die sie weghohlen, und in ihre Nester tragen.
Bey der Art, wie sie die Blätter zusammen wickeln, hat der kön. schwedische Hof=Marschall, Hr. Baron Degeer eine besondere Bemerkung gemacht. Eine von diesen Raupen that es vor seinen Augen. Erst setzt sie sich oben auf das Blatt. Dann spinnt sie viele Fäden, die sie an beyden Seiten anhängt, wie Reaumür bey den Blatt=Wicklern und Rollern auf verschiedenen Bäumen gezeigt hat. Nun sind die Kerbel=Blätter sehr schmahl, daß die Raupe, wenn sie mitten darauf sitzt, beyde Ränder leicht erreichen kann. Hrn. Degeer besondere Bemerkung hierbey besteht also darin, daß die beyden Ränder jedes Mahl, wenn sie einen neuen Faden zog, merklicher zusammen traten, und das Blatt sich immer mehr zusammen wickelte, je mehr neue Fäden an der Seite und über die andern her gesponnen wurden. Zugleich bemerkte derselbe, daß die alten Fäden keine Dienste mehr thaten, wenn ein neuer gezogen wurde, sondern ganz schlaff wurden; bloß der zuletzt gezogene Faden schien das Blatt krumm zu halten. Anfänglich glaubte er, es sey die Schwere des Raupen=Körpers, welcher mit dem Vordertheile beständig auf den Fäden lag, die Ursache von dem geschwinden Krümmen des Blattes, worin die Raupe dasselbe hernach durch einen neu zwischen den schon zusammen gezogenen Rändern des Blattes, gesponnenen Faden erhielt; allein, er wurde mehr gewahr. Unter diesen Umständen wirkt die Raupe nicht bloß durch ihre eigene Schwere, die im Grunde einer solchen Wirkung nicht einmahl fähig ist, sondern sie wendet selbst Kräfte an, das Blatt zusammen zu beugen. Wenn sie nähmlich zwischen die beyden Blattränder einen Faden gezogen hat, fasset sie solchen anfangs mit den Vorderfüßen, und zieht ihn, ehe sie den zweyten spinnt, mit den Krallen nach sich. Dieser, vorher in gerader Linie gezogene Faden, macht nun jetzt einen Winkel, welcher entweder stumpfer oder schärfer ist, nach dem die Raupe den Faden stärker oder schwächer zerrt; und da er an jedem Rande hängt, und zwischen denselben straff gespannt ist, so kann er keinen Winkel machen, ohne zugleich beyde Ränder zusammen zu ziehen. Da nun also die Raupe den Faden nach sich zieht, müssen die Ränder nothwendig folgen, und solcher Gestalt macht sie den Anfang des Zusammentwickelns. Hierauf spinnt sie den zweyten Faden, den sie auch an den zusammen gezogenen Rändern anhängt, ohne den ersten, den sie, so lange sie den zweyten spinnt, im Winkel gezogen hält, los zu lassen. Dieser zweyte hält nun das Blatt krumm, welches der erste schon krumm gezogen hatte, und die Raupe lässet diesen letztern fahren, welcher nun schlaff wird und flattert. Um aber das Blatt noch mehr zusammen zu ziehen, fasset sie den zweyten Faden mit den Vorderfüßen, und zieht ihn eben so, wie den ersten, nach sich; folglich ziehen sich die Ränder noch stärker zusammen, und diese Krümmung wird durch einen dritten Faden gehalten. Um nun den ganzen Theil des Blattes, welches sie in der Arbeit hat, völlig zusammen zu wickeln, darf sie nur dasselbe Verfahren wiederhohlen. Die Raupe arbeitet zwar sehr geschwinde; man kann aber dennoch zusehen. Wenn man einen Bindfaden an einem Blatte Papier in gerader Linie befestigt, und solchen auf der Fläche mit dem Finger horizontal zieht, daß er einen Winkel macht, so werden beyde Ränder krumm zusammen treten. Man kann sich dabey das Verfahren der Raupe einiger Maßen vorstellen. Da nun die Raupe fortfährt, neue Fäden an den Rändern anzuhängen, und dabey immer gleiche Vorsicht beobachtet, so muß das Blatt sich in seiner ganzen Breite krümmen. Diese Fäden formiren alsdann zusammen gleichsam ein zartes Gewebe, welches die Raupe vielleicht noch mit andern Fäden bezieht.
Die Verwandlung dieser Raupen geht sehr schnell vor sich. Die daraus kommenden Schmetterlinge haben gar keine prächtige Farben.
Degeer Abhandlungen zur Geschichte der Insecten, 1 B 3 Quart S 27, fgg und 2 B.1 Th. S. 294.
* Die Vielzahl der hier aufgeführten botanischen Namen und die hintan gestellten Autoren-Kürzel vermitteln die Schwierigkeit, eine Pflanze eindeutig zu bestimmen. Seinerzeit gab es noch nicht die heute üblichen weltweiten Symposien, die dafür sorgen, mehrmals beschriebene Pflanzen auf ein Nomen zu bringen. Meist erhält die Pflanze den Namen, der ihr bei der ersten gültigen Beschreibung gegeben wurde. Die dann nicht mehr gültigen Bestimmungen gelten fortan als Synonyme. In wissenschaftlichen Kompendien werden auch diese jeweils zusammen mit ihrem Autor erwähnt, um das Lesen bzw. die Einordnung alter Fachliteratur zu ermöglichen.
Der Wilde Kerbel ist ein in ganz Europa verbreitete, mehrjähriges Kraut. Er findet sich vor allem auf nährstoffreichen Böden wie Fettwiesen, Wegrainen, Hecken, Waldrändern und Auenwäldern. Er kommt dort auch unter hohen, dichten Bäumen vor. Die schirmförmigen Blütenstände tragen weiße, selten auch rötliche Blüten. Die Früchte erinnern an Kümmel.
Das ist die nüchterne, heute übliche, populäre Beschreibung. Das sah vor gut 150 Jahren noch anders aus. Wie anders habe ich einer von J. G. Krünitz gegründeten Enzyklopädie entnommen.
Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft ist der Titel einer der umfangreichsten Enzyklopädien des deutschen Sprachraums. Das von J. G. Krünitz begründete Werk erschien 1773 bis 1858 in 242 Bänden und stellt eine der wichtigsten deutschsprachigen wissenschaftsgeschichtlichen Quellen für die Zeit des Wandels zur Industriegesellschaft dar.
Der foldende Text ist dem Band 37 der Enzyklopädie entnommen.
1. Der wilde Kerbel, Kerbel Kern, wilde Myrrhen Kerbel, Myrrhen=Schierling, Kälberkern, Kälberkropf, Kuhpeterlein, Busch=Möhre, an einigen Orten auch Schere genannt, Myrrhis syluestis, seminibus laeuibus C. B. Cicutaria vulgaris J. Banh. Dod. Chaerophyllum siluestreperenne, cicutaefoho Tourn. Chaerophyllum s Cerefolum syl. uestre perenne, seminibus l euibus nigris Moris. Chaerophyllum seminibus laeuibus nitdis, petiolis rameis aequalibus Royen. Chaerophyllum seminihus laeuibus nitidis, nervo foliorum sabhirsuto Hall. Chaerophyllum syluestre, caule laeui striato, geniculis tumidiusculis Linn. Fr. Cicutaire.* Diese Pflanze ist in Obst= und andern Gärten, auch auf Aeckern, Wiesen, in Hecken und an Zäunen in ganz Europa ein sehr gemeines Unkraut, wo es im Apr. und Moy blühet. Seine Wurzel ist dick, lang, weiß, und von einem scharfen, etwas gewürzhaften Geschmacke. Der dicke, röhrige Stängel ist mit abgesetzten knotigen oder aufgeblasenen Gelenken abgetheilt, gestreift und etwas rauh anzufühlen. Die Blätter sind groß, die untersten zuweilen 1/2 Elle lang, in vielfache Aeste getheilt, gleichsam dreyfach gefiedert, und die Blättchen vier= oder fünffach scharf eingekerbt, glatt, die dickere Rippe aber ist mit Haaren besetzt; zuweilen sind auch die ganzen Blätter haarig. Die Haupt= oder allgemeine Blumen=Dolde hat entweder keine Einwickelung, oder es steht an derselben nur ein einziges Blättchen; die kleinern aber sind mit 5 bis 7 eyförmig zugespitzten, etwas rauhen Blättern umgeben, welche sich mit der Zeit rückwärts biegen, und davon das äussere größer ist, als die übrigen. Die fünf weißen, oft auch röthlichen, Blumenblätter sind ganz, oder nur eingekerbt, und an den Randblümchen von verschiedener Größe. Die glatten, langen, glänzenden und dunkel gefärbten Samen zeigen eine kleine, kaum merkliche Rinne.
Die Pflanze wächst auf den Aeckern unter dem Speise=Kümmel; von diesem aber ist sie durch ihren besondern Umschlag, welcher aus dreyfaltigen, breitern, floßfederartigen Blättchen besteht, die sich nicht bis an die Basis durchkreutzen, und durch ihre pfriemenförmige Samenkorner leicht zu unterscheiden. Von dem gefleckten Schierlinge unterscheidet sie sich an der mangelnden allgemeinen Hülle, und dem ungefleckten Stängel.
Weil der wilde Kerbel oder Kälberkropf sich in Obst= und Gras=Gärten, und auf Wiesen gar sehr verbreitet, sucht man ihn gern zu vertilgen, und zwar um so mehr, weil, wo derselbe häufig wächst, einen guten fruchtbaren Boden anzeigt, welcher zu andern nützlichen Kräutern angewendet werden kann. Denselben in einem einzigen Jahre zu vertilgen, ist nicht möglich; allein, in einigen Jahren denselben in einem Gras=Garten gänzlich auszurotten, kann mit leichter Mühe und wenigen Kosten bewerkstelliget werden, da er keine kriechende, sondern spindelförmige Wurzel hat, und sich mehr durch den Samen, als durch seine Wurzel, verbreitet. Man lasse daher im Frühlinge, ehe derselbe in Stängel schießt, die großen Pflanzen desselben sorgfältig ausgraben. Dieses kann alsdann leicht geschehen, weil die Wurzeln noch dick und saftig sind, und nicht leicht Haupt=Wurzeln davon in der Erde zurück bleiben. Dadurch wird man schon vielen Platz zu andern nützlichen Kräutern gewinnen, womit man die leeren Plätze besäen kann. Die kleinern Pflanzen lasse man bis zum künftigen Jahre stehen, da man sie denn eben so behandeln kann. Man muß aber vornehmlich dahin sehen, daß keine von den zurück gebliebenen Pflanzen blühe und Samen trage, weil ohne diese Vorsicht alle angewandte Mühe, dieses Unkraut gänzlich auszurotten, vergeblich ist. Man lasse also die Stängel, ehe sie blühen, sorgfältig abschneiden, <37, 13> damit durch den Samen keine junge Pflanzen weiter erzeuget werden.
Nach J. Köhne Vorschlag, sticht man im Frühjahre, so bald die Wurzel Kraut hervor getrieben hat, dieselbe, wenn man sie entdeckt, ab, welches einer, der die Schaufel nur einiger Maßen fertig zu führen weiß, ganz leicht bewerkstelligen kann. Man hält nähmlich die Schaufel etwas schräger, als wenn man graben will; in dieser Lage sticht man, nahe bey dem Kraute in die Erde, in solcher Richtung, daß das oberste Ende oder die Krone von der Wurzel getroffen und abgestochen wird, welches daran zu erkennen ist, wenn die Schaufel ein wenig vorwärts aufgebeuget wird. Auch kann das oberste Ende, oder die Krone, mit den Fingern aus der Erde genommen werden, und alsdann ist man seiner Sache gewiß. Das unterste Ende von der Wurzel wächst nicht wieder aus. Man hat auch wohl gesehen, daß einer verschiedene Mahl, aber immer etwas tiefer, gestochen hat, um desto gewisser die Wurzel zu treffen, wie es sich denn auch gefunden hat, daß sie an einigen Orten in Stücke zerstochen gewesen ist. Mit dieser Behandlung wird fortgefahren, bis keine einzige mehr zu finden ist; und sollte sich hin und wieder auch eine kleine Wurzel versteckt haben, so wird solche in dem folgenden Frühjahre auf eben die Art verfolget.
54 und 63 St. des Hannov. Magaz. v. J. 1783.
Die Pflanze hat einen wiedrigen, fast stinkenden Geruch; und da das Kraut auch ohne dies eine Aehnlichkeit mit den Blättern des gefleckten Schierlinges hat, so hat man daher vielleicht geschlossen, daß sie giftig sey. und will angemerkt haben, daß der Genuß der Wurzel, wenn sie im Winter ausgegraben wird, in dem menschlichen Körper Verwirrung der Sinne, tiefen Schlummer, Bangigkeit, Trägheit, Wuth und Berauschung verursachet habe; aber kein einziger Fall in den Geschichtbüchern der Aerzte beweiset, daß derselbe tödlich gewesen sey.
Myrrhis, species Cicutae terrestris, non ira deletetia, vti Cicuta palulrris, oder, daß der wilde Kerbel, Myrrhen=Schierling, so schädlich nicht sey, als die Cicuta paluttris, oder der Schierling, st. im 22 Vers. der bresl. Samml. Nov. 1722, S 575, fgg.
Ob gleich diese Pflanze in Kamtschatka eine sehr gewöhnliche Speise, und in Deutschland ein unschädliches Futter für Rindvieh und Schafe ist, so soll doch, wie Gmelin, in seiner Flora Sibir meldet, die Wurzel den Ochsen in Sibirien tödlich seyn.
Ehrhard versichert, daß die Pflanze ohne Schaden von den Kühen verzehret werde. Hr. Pred. *
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In seiner Abh. ein Land, in Ermangelung des Düngers, fruchtbar zu machen und fruchtbar zu erhalten, im 2 B. des Strals Magaz. Berl. und Strals. 1772, 8. S. 95, fgg. Allein, darin irret Hr G. daß er diese Pflanze Pastinaea siluestris nennt.
Graßmann erzählt, wie er den Kälberkropf zum Viehfutter nutze, folgender Maßen. "Verständige Landwirthe haben selbst tief einschlagende einländische Gewächse schon von langen Zeiten her, zu nutzen gesucht. Ich besitze selbst ein Stück Land, so einen sandigen Grund in der Oberfläche und einen lehmigen in der Unterlage hat, welches, wegen der darauf gesetzten Obstbäume, eingeheget ist. Auf selbigen haben meine Verfahren ein Gewächs, das fast nicht auszurotten ist, herauf gebracht. Man nennt es hier zu Lande Kälberkrop (Pastinaca syluestris). Das Kraut hat eine große Aehnlichkeit mit dem, so der Kümmel hervor bringt, nur daß es ein dunkler Grün hat. Wenn man dieses Kraut nicht, sobald es etwa einen Fuß hoch, abhauet, so erhält es, wie der Kümmel, einen Stengel, und auch dieser ist, wenn er grün vorgeleget wird, dem Rindvieh noch angenehm und gedeihlich. Fängt aber dieser Stengel an bereits Saat zu setzen, so ist er zu hart, und nur noch das daran vorhandene Kraut zum Futter zu gebrauchen. Dieser Stengel wächst öfters einige Ellen hoch. Ich bediene mich dieses Krautes zum Futter für die Kühe, Kälber und Schafe, sehr vortheilhaft, besonders da es zeitiger als das gewöhnliche Gras in die Höhe schlägt, und gewinne, nach dem Umfange dieses Landes, einen ziemlichen Vorrath von Dünger. Wenn ich es aber für nöthig finde, dieses Gewächs mit den Wurzeln auszugraben, so gebrauche letztere zum Futter für die Schweine.
<37, 15>
"Ich habe diesen Kälberkrop jährlich 4 bis 5 Mahl abhauen können, und weder ich noch meine Vorfahren sind jemahls dahin bedacht gewesen, dieses Land auch nur mit etwas Dünger zu belegen, da es ohne Zweifel noch mehr austragen würde. Auch dieses ist noch anzumerken, daß es sich selbst unter den stärksten Bäumen erhält, und durch andere flache Wurzel schlagende Gras=Arten nicht zurück halten läßt, sondern selbige vielmehr vertreibt. Da es wenigstens über 30 Jahr gestanden, und man keine Abnahme verspüret, so schließe hieraus, daß sich entweder die Wurzeln so lange halten, oder von denen an einigen Orten, nahe an den Stämmen der Bäume, stehen gebliebenen Stengeln die Saat wieder müsse ausgestreuet seyn. Die Saat kommt bereits im Anfange des Augustmonaths zur Reife, und hat ebenfalls eine große Aehnlichkeit mit dem Kümmel. Ich finde auch nicht die geringste Spur, daß die Wurzeln von einer großen Kälte hätten sollen Schaden genommen haben.” Hr. G. empfiehlt diese Pflanze so gar dem koporischen Bauer zum Anbau, und hofft, daß sie daselbst wachsen werde. *
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Diese Vermuthung bestärkt Hr. Hofr. Beckmann, welcher, diese Pflanze einige Mahl in Ingermannland wild wachsend gefunden zu haben, im 1 St. des 4 B. seiner physik. ökon. Biblioth. S. 83, versichert.
In Holland macht man aus dem Kraute einen Brey=Umschlag wieder den Brand. Die Blumen werden fleißig von den Bienen besucht. Mit den halb geöffneten Blumen wird, wenn sie mit Alaun abgekocht werden, in Schweden gelb gefärbet, und diese Farbe soll besser seyn, als von dem Schartenkraute. Die Blätter geben eine schöne grüne Farbe.
Im Jun. trifft man auf dem wilden Kerbel kleine Raupen an, die das Kraut rein abfressen, so daß die nackten Stängel da stehen. Diese Räupchen sind nur 6 Lin. lang, und verhältnißmäßig dick. Die Farbe des ganzen Körpers, des Kopfes und der Füße, ist hell= oder grasgrün; doch spielt die Farbe am Kopfe etwas in das Braune. Längst dem Rücken geht eine dunkelgrüne Linie, und an jeder Seite derselben noch ein anderer breiterer Streifen von gleicher Farbe, herunter, so, daß der Rücken 3 lange Streifen hat. Auf jeder Seite der Mittel=Linie zwischen ihr und den beyden Seiten=Streifen, befinden sich aufjedem Ringe 2 schwarze, nach der Länge des Körpers liegende Puncte. Uebrigens befinden sich auf dem Ringe noch 8 bis 10 dergleichen Puncte, in deren jedem ein kurzes und sehr feines Härchen steckt. Sie haben 16 Füße. Am Ende wird der Leib etwas dünner. Die Lebhaftigkeit dieser Raupen ist ausserordentlich groß. So bald sie berührt werden, gehen sie rück= und vorwärts, zerarbeiten sich gewaltig, schlängeln sich so stark und geschwinde hin und her, daß sie von einer Seite zur andern zu springen scheinen, und man kann den Leib wirklich in der Luft schweben sehen. Sie wickeln die zackigen Kerbel=Blätter wie ein Röllchen dergestalt zusammen, daß die untere Blatt=Seite auswendig kommt, welches sie durch ein zartes Gewebe von weißer Seide bewerkstelligen. In der Höhlung der Rolle steckt die Raupe, und naget die Wände ihrer Wohnung ab. Wenn das Blatt aufgezehrt ist, begibt sie sich auf ein anderes, welches sie eben so zusammen rollet. Wenn man diese Rolle nur ein wenig berührt, kriecht sie rücklings schnell heraus, und lässet sich an die Erde herunter; denn sie hat an jedem Ende eine Oeffnung gelassen. Ihre geschwinde Retirade geschieht um der Feinde willen, die ihr nachstellen, worunter die einsam lebenden Wespen die schlimmsten sind, die sie weghohlen, und in ihre Nester tragen.
Bey der Art, wie sie die Blätter zusammen wickeln, hat der kön. schwedische Hof=Marschall, Hr. Baron Degeer eine besondere Bemerkung gemacht. Eine von diesen Raupen that es vor seinen Augen. Erst setzt sie sich oben auf das Blatt. Dann spinnt sie viele Fäden, die sie an beyden Seiten anhängt, wie Reaumür bey den Blatt=Wicklern und Rollern auf verschiedenen Bäumen gezeigt hat. Nun sind die Kerbel=Blätter sehr schmahl, daß die Raupe, wenn sie mitten darauf sitzt, beyde Ränder leicht erreichen kann. Hrn. Degeer besondere Bemerkung hierbey besteht also darin, daß die beyden Ränder jedes Mahl, wenn sie einen neuen Faden zog, merklicher zusammen traten, und das Blatt sich immer mehr zusammen wickelte, je mehr neue Fäden an der Seite und über die andern her gesponnen wurden. Zugleich bemerkte derselbe, daß die alten Fäden keine Dienste mehr thaten, wenn ein neuer gezogen wurde, sondern ganz schlaff wurden; bloß der zuletzt gezogene Faden schien das Blatt krumm zu halten. Anfänglich glaubte er, es sey die Schwere des Raupen=Körpers, welcher mit dem Vordertheile beständig auf den Fäden lag, die Ursache von dem geschwinden Krümmen des Blattes, worin die Raupe dasselbe hernach durch einen neu zwischen den schon zusammen gezogenen Rändern des Blattes, gesponnenen Faden erhielt; allein, er wurde mehr gewahr. Unter diesen Umständen wirkt die Raupe nicht bloß durch ihre eigene Schwere, die im Grunde einer solchen Wirkung nicht einmahl fähig ist, sondern sie wendet selbst Kräfte an, das Blatt zusammen zu beugen. Wenn sie nähmlich zwischen die beyden Blattränder einen Faden gezogen hat, fasset sie solchen anfangs mit den Vorderfüßen, und zieht ihn, ehe sie den zweyten spinnt, mit den Krallen nach sich. Dieser, vorher in gerader Linie gezogene Faden, macht nun jetzt einen Winkel, welcher entweder stumpfer oder schärfer ist, nach dem die Raupe den Faden stärker oder schwächer zerrt; und da er an jedem Rande hängt, und zwischen denselben straff gespannt ist, so kann er keinen Winkel machen, ohne zugleich beyde Ränder zusammen zu ziehen. Da nun also die Raupe den Faden nach sich zieht, müssen die Ränder nothwendig folgen, und solcher Gestalt macht sie den Anfang des Zusammentwickelns. Hierauf spinnt sie den zweyten Faden, den sie auch an den zusammen gezogenen Rändern anhängt, ohne den ersten, den sie, so lange sie den zweyten spinnt, im Winkel gezogen hält, los zu lassen. Dieser zweyte hält nun das Blatt krumm, welches der erste schon krumm gezogen hatte, und die Raupe lässet diesen letztern fahren, welcher nun schlaff wird und flattert. Um aber das Blatt noch mehr zusammen zu ziehen, fasset sie den zweyten Faden mit den Vorderfüßen, und zieht ihn eben so, wie den ersten, nach sich; folglich ziehen sich die Ränder noch stärker zusammen, und diese Krümmung wird durch einen dritten Faden gehalten. Um nun den ganzen Theil des Blattes, welches sie in der Arbeit hat, völlig zusammen zu wickeln, darf sie nur dasselbe Verfahren wiederhohlen. Die Raupe arbeitet zwar sehr geschwinde; man kann aber dennoch zusehen. Wenn man einen Bindfaden an einem Blatte Papier in gerader Linie befestigt, und solchen auf der Fläche mit dem Finger horizontal zieht, daß er einen Winkel macht, so werden beyde Ränder krumm zusammen treten. Man kann sich dabey das Verfahren der Raupe einiger Maßen vorstellen. Da nun die Raupe fortfährt, neue Fäden an den Rändern anzuhängen, und dabey immer gleiche Vorsicht beobachtet, so muß das Blatt sich in seiner ganzen Breite krümmen. Diese Fäden formiren alsdann zusammen gleichsam ein zartes Gewebe, welches die Raupe vielleicht noch mit andern Fäden bezieht.
Die Verwandlung dieser Raupen geht sehr schnell vor sich. Die daraus kommenden Schmetterlinge haben gar keine prächtige Farben.
Degeer Abhandlungen zur Geschichte der Insecten, 1 B 3 Quart S 27, fgg und 2 B.1 Th. S. 294.
* Die Vielzahl der hier aufgeführten botanischen Namen und die hintan gestellten Autoren-Kürzel vermitteln die Schwierigkeit, eine Pflanze eindeutig zu bestimmen. Seinerzeit gab es noch nicht die heute üblichen weltweiten Symposien, die dafür sorgen, mehrmals beschriebene Pflanzen auf ein Nomen zu bringen. Meist erhält die Pflanze den Namen, der ihr bei der ersten gültigen Beschreibung gegeben wurde. Die dann nicht mehr gültigen Bestimmungen gelten fortan als Synonyme. In wissenschaftlichen Kompendien werden auch diese jeweils zusammen mit ihrem Autor erwähnt, um das Lesen bzw. die Einordnung alter Fachliteratur zu ermöglichen.
knurps - 8. Aug, 21:02