Samstag, 15. Juli 2006

Deutschland, November 1944

Wieder dieses auf- und abschwingende Wolfsheulen unzähliger Sirenen über der Stadt. Pechschwarze Nacht. Keine Laterne leuchtet, aus keinem Fenster dringt Licht. Niemand auf der Straße. Kein Auto fährt. Leere Ruhe. Man ahnt das Zimmer um sich herum mehr, als dass man etwas sieht. Zusammen mit dem noch fernen aber bedrohlich anschwellenden, sonoren Grollen eines Verbandes großer Bomber erscheinen rote und grüne Leuchtkugeln am Himmel. Ein Schein des davon ausgehenden Lichtes lässt Konturen der Stadt erkennen. Doch die Blicke sind gegen den undurchdringlich schwarzen Himmel gerichtet. Dort kommt der Feind.

Ferne Detonationen krepierender Bomben. Jähes Aufblitzen von Explosionen. Der Horizont, ein rot flammendes Feuerband vor schwarzen Silhouetten einer noch intakten Skyline aus Häusern. Das gebündelte, weiße Licht von Flakscheinwerfern zeichnet schnurgerade Lichtfinger in die rauch- und staubgeschwängerte Luft. Ein silbernes Blinken. Ein, zwei, drei Lichtfinger haben ein Flugzeug erfasst. Ein leuchtender Punkt ganz da oben. Dann ein kurzer Feuerschein am schwarzen Firmament. Treffer! Geschäftiges Zusammenraffen und Packen im Zimmer. Kurze. halblaute Rufe. Das Wichtigste soll mitgenommen werden. Schwarze Rauchschwaden, Detonationen, das Prasseln von Feuer erfüllen die durch den Feuerschein nunmehr schwach erleuchtete Nacht. Dort trudelt sich langsam drehend ein abgeschossener Flügel eines feindlichen Flugzeugs nicht weit vom Haus durch die Luft. Ein schwarzer Schatten im Anthrazit der unheilvollen Nacht. Ein brennender Flugzeugmotor folgt. Der mächtige Propeller beschreibt noch seine vorwärtstreibenden Kreise. Ein Feind war abgeschossen. Dieser Feind war ein Flugzeug. Dass dabei Menschen ums Leben kamen, war mir nicht bewusst oder aber es war normal für mich. Oder Feinde waren keine Menschen. Ich weiß es nicht.

Ich werde genommen, in ein Körbchen gelegt und in den Luftschutzkeller getragen. Erst jetzt schrei ich. Nicht vom Schrecken übermannt, nein, man hatte mich des phantastischen Schauspiels beraubt. War ich mir doch ganz sicher, dass mir nichts zustößt. Und so etwas Tolles wie diese brennende Stadt, das Schlagen von Feuersbrünsten, die schwarze Silhouette stehengebliebenen Mauerwerks, die sich wie Finger vor dem Feuerwall abzeichnete, der überwältigende Geruch eines gigantischen Feuers, die Gewalt von Detonationen und darüber das gleichmäßige Dröhnen der feindlichen Bomber. Einfach großartig. Und das sollte ich mir nicht ansehen dürfen? (dass es mal Fensehen geben würde, wo alles noch viel schöner dargestellt wird, konte ich ja nicht ahnen) Zweimal habe ich mein Körbchen umgekippt, um dem geflochtenen Gefängnis zu entkommen, und versucht, wieder das Fenster zu erreichen. Doch es half nichts. Rücksichtslos wurde ich die unsichtbare, enge Treppe mein Körbchen an der backsteinernen Wand schürfend in den bedrückenden Keller getragen und dort in mein bereitstehendes drahtvergittertes Kinderbett gelegt. Im Schein weniger Kerzen dieses oder jenes Gesicht wenn auch matt dann doch schlaglichtartig, tiefe Schatten werfend beleuchtend sah ich noch die Leute aus dem Haus auf irgend Etwas längs der Kellerwände sitzen. Dunkles Schweigen, mal ein kurzes, wenn auch fast gehauchtes, dann doch festes Wort und hin und wieder ein schamhaftes, ängstliches Wimmern einer Frau, die nicht an sich halten konnte. Kaum zu hören das detonierende und prasselnde Geschäft des nächtlichen Krieges da draußen. Nichts als Angst erfüllte den Raum, über dessen Größe und Beschaffenheit ich mir keine Vorstellung machen konnte. Ich konnte diese Angst, die ich um mich herum wahrnahm, überhaupt nicht teilen. Ich wusste nur: Weil diese blöden Leute da völlig überflüssigerweise Angst hatten, durfte ich mir dieses einmalige, sensationelle Schauspiel nicht angucken! Ich war sehr aufgebracht darüber und litt unter meiner Ohnmacht, mich nicht gegen eine solche Beschneidung meiner Freiheit wehren zu können. Wenn ich schon hier unten eingesperrt war, dann wollte ich auch nicht diese lächerlichen Angstgrimassen sehen, noch das gelegentliche Wimmern und die beruhigenden, kurzen Worte dieses oder jenes Mannes hören, die doch so klangen, dass ich ihnen deutlich deren eigene Angst entnahm. Diese Onkel lügen. Trotzig und enttäuscht zog ich mir die Decke auch über das Gesicht. Dieser Jammer hier unten war einfach lächerlich und entwürdigend. Ich muss dann wohl eingeschlafen sein, während Mutter meine Hand unter der Bettdecke hielt.

Krachen und Bersten, ein dumpfes aber machtvolles Geräusch eines aufschlagenden, schweren Gegenstands. Gellendes, hemmungsloses Entsetzensschreien der Frauen, in das sich wie ein wildes Heulen auch Männerstimmen mischten. Dann eine angespannte Ruhe. Das Warten auf die Explosion, auf den jähen Tod. Aber nichts geschah. Staub drang in den Keller. Noch eine Erschütterung begleitet von einem merkwürdigen, mächtigen Geräusch, das ich keiner mir bekannten Ursache zuordnen konnte. Das war schon bedrohlicher. Aber mir und keinem hier unten war etwas geschehen. Dann lautes, stakkatoartiges Durcheinanderreden, laute Rufe, klagende und zur Vorsicht mahnende Rufe der Frauen.

Einer der Männer wollte nachsehen, was passiert war und wollte die Tür nach Oben öffnen. Dies gelang nicht sofort. Herabgestürztes Mauerwerk wurde weggeräumt.

Hier verlässt mich meine Erinnerung und kehrt erst wieder, als ich mich in einer Ecke, die zwei stehengebliebene Mauern bildeten, in eine Wolldecke gehüllt, frierend und hungrig nur einen kurzen Rest der Zimmerdecke über uns, Regen und Wind eines kalten Spätherbsttages ausgesetzt sah; ein großes rundes Loch im parkettbedeckten Fußboden vor mir, durch das ich später zwei Etagen tiefer eine große. schwere Bombe liegen sah, und in meiner Hand ein Löffel, den ich in einen Teller Suppe tauchen sollte, die aus Wasser, gekochten Graupen und drei winzigen Kartoffelstückchen bestand und für mich mit einem Löffelchen Zucker gewürzt war. Nicht ein Fettauge schwamm auf dieser klaren, scheußlich schmeckenden Brühe, die ich essen musste. Ob ich wollte oder nicht. Ich wollte nicht. Aber ich musste. Und das jedesmal, wenn ich in den nächsten Wochen hungrig nach etwas Essbarem verlangte. Da half kein Weinen. Der Hunger blieb. Später gab es auch undefinierbare, graue, schleimige Erbsen- oder Linseneintöpfe, die einem in mitgebrachte Henkel-männer auf dem Hof eines etwa 2 km entfernten Wirtshauses in der ehemaligen Idylle eines Kleingartenvereins zugeteilt wurden. Oft machte ich an der Hand meiner Schwester diesen Gang entlang der zerstörten Häuser, den Schuttbergen auf dem schmalen, verbliebenen Weg, der einstmals eine Straße war, ausweichend und dann entlang zerrupfter Hecken die da und dort den Blick auf Bombenkrater in den Gärten freigaben. Ich wurde zu dieser Besorgung wohl mitgenommen, damit ich überhaupt ein wenig rauskam und gleichzeitig unter Aufsicht stand. Bald vernahm ich einen merkwürdigen, etwas süßlichen Geruch auf dem Weg durch die Schuttberge, die sich von den zerstörten Mauern mit ihren flatternden Tapetenresten und verbogenen Eisenträgern auf die Straße ergossen. Dieser unangnehme Geruch sollte sich sehr bald in einen penetranten, ekligen, süßlichen Gestank vergrößern, der mir den Atem nahm und der an mir haften blieb, so dass ich nicht wusste, ob ich diesen nur erinnerte oder ober die ganze Luft also auch die zu Hause, zwischen den zwei stehengebliebenen Mauern erfüllte. Für mich waren diese Schuttberge auf dem Weg lediglich stinkende Trümmer. Dass es sich um Leichengruch handelte, wurde mir erst Jahre später bewusst; zu einer Zeit, als es aus diesen Trümmern nicht mehr stank, auch wenn mir jedesmal, wenn ich dort vorbeikam, dieser durchdringende, atembeklemmende Gestank in der Nase lag.

Die Bombe dort unten sah ich, als ich neugierig auf allen Vieren an das große Loch im Fußboden herankroch und auf dieses friedlich daliegende und doch hochgefährliche Gebilde herabschaute. Die Leute, die dort unten wohnten, bekamen jedesmal einen Schrecken, wenn sie meinen kleinen Kopf über den Rand des Bombenloches da oben ragen sahen, gestikulierten und riefen mir zu, ich solle ja von diesem Loch weggehen. Ich konnte nicht unterscheiden, ob sie fürchteten, dass ich herabzustürzen, oder ob die Bombe durch mein Anschauen zu explodieren drohte, was mir eher gefährlich für diese Leute als für mich erschien.

Es war jedoch nicht diese gewaltige, schwere Bombe, die für das Fehlen der Mauern um unsere Wohnung verantwortlich zu machen war. Sie hatte lediglich ein wenn auch großes, dann aber doch klar definiertes, fast kreisrundes Loch vom Dachstuhl bis ins Parterre gerissen. Eine Luftmine, die auf einem Sportplatz hinter dem Haus detoniert war, hatte das halbe Haus weggefetzt. Allerdings hätte diese Bombe ihre Aufgabe erfüllt und wäre explodiert unser aller Leben wäre in einem Moment ausgelöscht gewesen Ich lernte das Wort 'Blindgänger', welches für mich den Klang von Verlierer und Versager hatte, obwohl ich diese Worte mit meinen drei Kinderjahren noch gar nicht bilden konnte. Aber eine Vorstellung hatte ich davon. Sie deckte sich mit den Begriffen 'Tommies', verächtlich verstandener Spitzname der englischen Soldaten, Pollaken und anderen Ausländern, die, wie ich zwischen Marschmusik und Fanfaren von den Frontberichten aus dem Radio oder wer weiß woher fortwährend hörte, unfähiger Abschaum waren und im Kampf mit uns glorreichen Deutschen immer nur verloren, die wir von Sieg zu Sieg zogen.

Ich konnte weder wissen, wie es wirklich aussah, noch konnte ich wissen, was meine Eltern dazu meinten. Mein sieben Jahre älterer Bruder, in der Hitlerjugend umfassend indoktriniert, bestärkte mich auf jeden Fall in dieser Siegesgewissheit unseres glorreichen Volkes und zwei andere Brüder, die ich als im Krieg Geborener noch nie bewusst gesehen hatte, waren selber tapfer siegend an der Front. Meine Eltern werden sich gehütet haben, irgendetwas Kritisches zu äußern, musste man doch fürchten, von seinen eigenen Kindern denunziert zu werden. Gegen den Einfluss der Partei, die lückenlose Beherrschung aller Meinung durch die Partei gab es kein Mittel. Mich werden meine Eltern natürlich kaum für mündig gehalten haben, irgendetwas zu verstehen. Darüber hinaus mussten sie gerade von dem unkontrollierten Geplapper eines Dreikäsehochs das Schlimmste befürchten. Ein falsches Wort von so einem Rotzlöffel und schon musste man eine Vorladung ins örtliche Parteibüro, ein Verhör, bei dem der wegen seiner ungebildeten Einfachheit und seinem bedingungslosen Gehorsam gegenüber den Parteirichtlinien und eifrigem Denunzieren gefürchteten Blockwart eine nicht unerhebliche Rolle spielen könnte, was nur zu leicht Arbeitslager wenn nicht KZ befürchten lassen musste, selbst wenn es, wie es mit mir als sechstem Kind deutscher Eltern, zur Vergabe einer lobenden Urkunde verbunden mit dem Mutterkreuz und einer lobenden Erwähnung in der Lokalpresse gekommen war. Hatten meine Eltern doch dem Führer einen strammen neuen Krieger geschenkt. Auch von solchen Albernheiten wusste ich natürlich nichts.

Es ist Krieg

Nicht unmittelbar bei uns, Aber mit, nein, nicht uns, sondern unserer Regierung. Die überwältigende Mehrheit ist nicht damit einverstanden. Wie ? Das stimmt doch gar nicht? Doch, so ist es.

Merkel hat sich in Stralsund am Pult stehend solidarisch mit Bush erklärt, als er den Angriff Israels auf Jordanien als legitme Reaktion Israels auf einen terroristischen Angriff erklärte. Merkel wörtlich:"Es gilt hier, nicht Ursache und Wirkung zu verwechseln" Ich habe noch nichts anderes von dieser Frau gehört. Ich habe auch noch nichts von einem Aufstand innerhalb der Regierung gegen diese Kriegstreiberei, ich weiß, was ich sage, gehört.

Diese Regierung gehört sofort abgeschafft. Das auf die Gefahr hin, dass erst einmal Chaos herrscht. Wir sind besonnen genug, es zu schaffen, sehr bald eine Ordnung herzustellen und uns Volksvertreter zu wählen, die nicht so versaut sind.

Ich, Richard Gleim, spreche der Regierung mein Misstrauen aus. Noch jemand? Von selbst gehen die nicht. Es liegt an uns. Wir sind gefragt. Sonst machen wir uns mit schuldig. Bitte, keine Gewalt. Die bringt’s nicht.

Es ist Krieg

Die Zeit:Israel setzt Libanon-Offensive fort

Kurier: Libanon fordert Waffenstillstand

ARD, Tagesschau: Der Angriff auf den in der Tat wehrlosen Libanon stärkt die pro-syrischen Kräfte, er stärkt Syrien und alle Araber, die den Judenstaat ohnehin ausradieren wollen.

Harald Neuber, Telepolis: Freundschaft statt Recht

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