Bobby

Bobby

In meinen Jazzerinnerungen hatte ich das Bobby alias Kreuzherrenecke als Anlaufpunkt für die damalige Szene lobend erwähnt. Das Bobby mit seinen paar Quadratmetern, ein kleiner Farbspritzer in der Stadt, war in der Tat das Herz dessen, was man heute Underground nennen würde, ein Underground, in dem sich Leute trafen, von denen nicht wenige später Weltruhm erlangen sollten. Wie kam es dazu?

Da gab es Trude und Otto Schuster. Die Beiden hatten in den Trümmern der Stadt im Parterre des Hauses Altestadt 14 eine Bleibe gefunden und verkauften zur Straße hin Hühnersuppe. Es dauerte nicht lange, dass sie einige Straßen weiter ein Lokal aufmachten, dass sie nähren sollte, das Csikós. Ein Lokal mit ungarischem Touch, ein Faible von Otto Schuster. Um das Lokal sowohl mit Lokalcolorit sowie mit mehr als einem Hauch Künstlerlokal zu versehen und auch weil die Schusters mit vielen Künstlern befreundet waren, galten für Künstler der Kunstakademie halbe Preise. Bekannt ist die schärfste und gehaltvollste Gulaschsuppe, die je eine deutsche Zunge schmeckte und ein deutscher Rachen aushalten musste.

Das Csikós war sehr bald eines der frührenden und von anspruchsvollem, internationalem Publikum besuchtes Lokal. Die Künstler mit ihren halben Preisen, die auf Grund der Preise gerne kamen, nahmen den voll zahlenden Gästen die Plätze weg. Die Künsterl begannen zu stören. Es kam zu einem Gespräch mit den Schusters und den Künstlern. Letztere schlugen vor, dass anderswo von den Schusters ein Lokal in die Welt gesetzt werden sollte, in dem die Künstler sich treffen konnten und dass trotz angenehmer, lockerer Atmosphäre Preise aufweisen sollte, die sich die Künstler sich leisten konnten. 1954 war es soweit. Die Kreuzherrenecke hatte ihre Lizenz. Der Wirt war Bobby, so dass das Lokal intern nur noch Bobby genannt wurde.

Ein Lokal, dass in Düsseldorf mal eine Rolle gespielt hat und das es ziemlich unverändert immer noch gibt, ist sicher Nichts, was von allgemeinem Interesse ist. Trotzdem mache ich auf ein Buch aufmerksam, das nahezu völlig unbekannt ist und die ganze Geschichte des Bobbys erzählt. Das Buch im Format 30 x 24 cm hat 239 Seiten, ist auf gutem Papier gedruckt und ist durchnummeriert. Da haben sich 40 Autoren und viel Freunde zusammen getan und dieses äußerst kenntnisreiche und exzellent mit vielen Bildern versehene Buch möglich gemacht. Das Vorwort hat Günther Uecker geschrieben und man findet Bert Gerresheim, Anatol, Jörg Immendroff, Reiner Ruthenbeck, Flötchen Geldmacher, Alfred Schmela, Konrad Fischer, die Galeristen, Monika Schlichting, die Mutter von Ben und Meret Becker, die ganze Garde der ZERO-Künstler, Lore Lorentz und Ernst Hilbich aber auch viel Originale wie Olly, mit dem ich meine ersten Straßenmusikerfahrungen in Paris machte und noch viel, viel mehr.

Keine Angst, es geht nicht um Kunst. Es geht ums Leben. Das ist ein Buch, dass sich eigentlich nach außen wölben müsste, so prall ist es gefüllt. Doch ein starker Einband und Fadenheftung wissen das zu verhindern. Man kann es im Bobby oder aber im Buchhandel erwerben. Erschienen ist es im Emons Verlag ISBN 3-89705-274-1. Es im Bobby selbst zu kaufen, ist natürlich Kult, auch wenn das Bobby immer mal wieder zur Altherrenkneipe abzurutschen droht.

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