Mittwoch, 19. April 2006

Hu Jintao in den USA

Es geschieht selten, dass ein chinesischer Präsident die USA besucht. Man erwartet ihn in Washington. Aber dort muss man erst einmal warten, denn zuerst und vielleicht auch in erster Linie gilt der Besuch einem wirklich mächtigen Mann, Bill Gates.

In der Sprache der Diplomatie ist dies der Ausdruck von Missachtung gegenüber einer Regierung. So darf man das auch verstehen. Hu Jintao weiß offensichtlich, wo die Macht wirklich sitzt. Ich kann mich erinnern, dass die Spitzen der deutschen Industrie, geht es darum, China zu bereisen, brav im Schlepptau des Kanzlers nach China reisten. Aber egal.

Das hat dann auch den Glanz und das Brimborium eines Staatsbesuchs, wenn Bill Gates zu einem Essen für 300 Personen in sein Weißes Haus seine bescheidene Villa einlädt.

Bill Gates macht keine Politik? Doch er macht Politik. Kriege sind bei ihm zwar ebenso schmutzig doch er braucht dafür kein Militär. Und jeder, der es könnte, würde es genau so machen. Es ist eine Frage der Gesetze und der Gerichtsbarkeit, die so etwas möglich macht oder verhindert.

Zurück ins kleine deutsche Hinterland. Wenn in Potsdam ein Mensch wegen seiner Hautfarbe mit lebensgefählichen Folgen malträtiert wird und ein Herr Schönbohm "beschwichtigend" oder "zurückhaltend" (so die Floskeln der einschlägigen Presse) meint: "Ich weigere mich, voreilige Schlüsse zu ziehen". --- "Sicher ist eins: Ein Mensch ist in Potsdam angegriffen und schwerst verletzt worden. Er hat eine schwarze Hautfarbe. Daraus kann man vermuten, dass es einen Zusammenhang gibt. Aber wie die Tat abgelaufen ist, weiß man nicht." , dann ist das nach meiner Auffassung kein Akt juristischer Zurückhaltung sondern eine Interpretation der Tat in dem Sinne, dass hier möglicherweise gar keine rassistisch, nationalkonservativ motivierte Untat vorliegt. Das kann durchaus bedeuten: "Die Jungs, die hier schon mal die Arme zum Hitlergruß hochrecken, sind vielleicht ein wenig fehlgeleitet und krawallig aber insgesamt harmlos. Gibt es überhaupt nationalradikale Kräfte in unserem Land?"

Wenn die Rheinische Post, Düsseldorfs Zeitung für Christliche Kultur und Verbreitung CDU-naher Nachrichten von einem Mordanschlag auf den Deutsch-Afrikaner Ermyas M. berichtet und ausführt, dass der aus Äthiopien stammende Ingenieur, der seit 19 Jahren in Deutschland lebt, das Opfer ist, und nicht, dass ein Mensch massakriert wurde, dann kann man zu der Auffassung gelangen, dass die rassistischen Täter gar keine rassistischen Täter sondern nur Leute sind, die in eine Rauferei verstrickt waren (Schönbohm) und es sich bei dem Opfer nur um einen Äthiopier gehandelt habe. Um den Vergleich von oben heranzuziehen, muss man fürchten, dass die nationalextremen Täter inzwischen wissen, in wessen Händen die Macht liegt. (Es gibt sie ja, die Gegenden, wo Politik und Polizei sich als machtlos gegenüber den die Straßen kontrollierenden, ein ideologisch erzeugtes Deutschtum vor sich hertragenden Gruppen erweisen.)


Das hier ist weniger ein Problem der Gesetze aber eines der Politik, der Wegguckmentalität weiter Kreise und der Gerichtsbarkeit. Oder haben die braunen Horden inzwischen das Zepter tatsächlich schon übernommen?

Nun ja, was noch nicht ist, kann, wenn so gestrige, an längst überwunden geglaubten Vorstellungen hängende, nur als erzkonservativ zu bezeichnende Gestalten wie Herr Schönbohm Ministerpräsident sein können und Zeitungen es ihren Schreibern durchgehen lassen, ihr Fremdeln gegenüber nicht dem Bild des nie existenten durch und durch Deutschen – Deutschland ist seit jeher von soviel Völkerschaften besiedelt worden, dass es immer schon "Einwanderungsland" war – in herabwürdigender Weise zu äußern, sehr bald werden. Peace

PS: Schäuble macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und toppt die Aussagen Schönbohms noch:

"Es werden auch blonde blauäugige Menschen Opfer von Gewalttaten, zum Teil sogar von Tätern, die möglicherweise nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Das ist auch nicht besser." Warum nicht gleich: "Es werden auch arische Menschen...." Die blonden bauäugigen Menschen werden dann sicher auch wegen ihrer blonden Haare und der blauen Augen angegriffen. Das ist wirklich zu blöd und zu arrogant. Herr Schäuble ist Innenminister. Das muss man sich vergegenwärtigen.

Zu der Integration der Immigranten räumt er Versäumnisse ein, meint aber:
"Vermutlich liegen mindestens so große Versäumnisse, ich glaube sogar die größeren, bei den Zuwanderern selbst" Das sagt einer, der permanent von Ausweisen spricht, eine Vokabel, die bestimmt den Integrationswillen stärkt. Schäuble ist nicht bekloptt. Er weiß, was er da sagt. Das ist das Ungeheuerliche an dem Mann. Schäuble gehört seines Amtes enthoben. Sofort und mit Eklat. Denn dieser Mann ist ein Eklat.

Was ist das denn?

buntes-Raetsel

Vermutungen können in der Kommentarbox hinterlegt werden.

Schnuckenack Reinhardt ist gestorben

Ich kann mich an ein Konzert Schnuckenack Reinhardts erinnern. Es fand, es muss so dreißig Jahre her sein, im Robert Schumann-Saal in Düsseldorf statt. Der nicht kleine Parkplatz neben dem Konzertsaal und weite Flächen an der unteren Rheinwerft boten ein ungewohntes Bild, waren sie doch bis zum letzten Quadratmeter gefüllt mit Autos der Oberklasse mit jeweils einem ausgedehnten Wohnwagen am Haken. Nummerschilder aus vielen Ländern. Ganz viele aus Belgien und Frankreich. Bunte Kleider, bunte Kopftücher, Männer in Anzügen in Farben, die zwar dezent aber doch ungewöhnlich waren und auf dem Kopf jeweils ein schwarzer Hut.

Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, moderierte die Veranstaltung auf Roma und Deutsch. Diese Moderation bestand zum großen Teil aus Ermahnungen, sich gut zu benehmen. "Wollt bitte schön artig sein. Nicht aus der Reihe tanzen. Wir haben gute, kräftige Polizei"

Man merkte, wie widerstrebend sich das Publikum in Reih und Glied setzte und als die Musik begann, hielt es Viele auch nicht auf ihren Sitzen. Wo nur ein bisschen Platz war, war man aufgestanden und tanzte. Die anderen tanzten vom vibrierenden Hinterteil über den hin und her und nach vorne und nach hinten schwingenden Oberkörper, mit gestikulierenden Armen, klatschenden Händen, tanzenden Fingern in ihren Sesseln "sitzend". Immer wieder gab es Zwischenrufe, die ich nicht verstand aber als aufmunternd und Beteiligung zeigend empfand. Der ganze Saal war voller Leben und dieses Leben war Musik oder die Musik war für diese Stunden in jedem Moment das Leben.

Nach Ende des Konzerts strebten Alle backstage. Ordner hatten Mühe, die raufenden Kleider, Anzüge und Kopftücher zurückzudrängen und die Gefahr von Quetschungen und Tot-getrampelt-werden abzuwenden.

Wieder draußen beneidete ich diese Leute. Gerne hätte ich dazugehört. Ich wischte mir die Tränen (der Begeisterung?, der Freude?, der Sehnsucht? ...?) aus den Augen. Musik kann so lebendig sein.

Und doch

Loewenzahn-1
Löwenzahn, die (wilde) Stadtblume

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