Kartoffeln schälen
Kartoffeln Schälen ist eine Arbeit, die wir gerne, so wir können, delegieren. Zu Hause finden wir vielleicht jemanden, der uns die Arbeit ohne Murren abnimmt. Nimmt die Kartoffelschälerei jedoch Ausmaße an, die größer sind, als das Mal-eben-ein-paar-Kartoffeln-schälen, dann wird’s schwierig. Die möglichen Helfer werden mit einem Mal taubstumm, schauen verlegen auf ihre Fingernägel oder aus dem Fenster, müssen unbedingt eben mal zum Büdchen gegenüber oder auf Toilette, haben was im Auto oder zu Hause vergessen etc. Je mehr Kartoffeln zu schälen sind, umso weiter werden die Wege, die für das so plötzlich zu Erledigende zurück zu legen sind.
Da solche Reaktionen allgemein und verlässlich sind, haben sich Einige entschlossen, das Kartoffelschälen als Service anzubieten. Und weil selbst diese sich ungern die Finger schmutzig machen, wurden Maschinen entwickelt, die Kartoffeln sortieren und die sortierten Kartoffeln der Schale entledigen. Ein Triumph deutscher Maschinenbaukunst. Frisch gewaschen und hygienisch verpackt, finden wir sie im Supermarktregal oder aber in Großküchen und in Streifen geschnitten und tiefgefroren beim Discounter und dem Fastfoodbüdchen, das wir mit einem lässig dahingeperlten "Einmal große Portion Fritten rot-wiss, bitte" betreten.
Hinter all diesen lebenserhaltenden Annehmlichkeiten steckt solch eine Kartoffel-Großschälerei. Diese hier ist nicht mehr in Funktion bzw. verzogen und schon oxidiert im Gegensatz zu den hier einst geschälten Kartoffeln, was einst aus Eisen gefertigt wurde. Rost breitet sich aus, erfasst das große Eingangstor und Reklameschild, Fensterrahmen und Teile der Dachkonstruktion. Vor der Großschälerei macht sich eine inzwischen weit verbreitete Pionierpflanze, der aus Amerika stammende Neophyt Buddleia davidii, breit und lockt im Hochsommer mit seinen weithin duftenden Blüten und seinem duftenden Laub Schmetterlinge und andere fliegenden Lebewesen an.
Das alles war in der Geschichte des Kartoffelanbaus von den Inkas über die spanischen Eroberer bis zu König Friedrich II. und Graf Rumford, den Kartoffel-Pionieren Preußens und Bayerns, genauso wenig wie die Tatsache, dass die Kartoffel inzwischen im Space-Shuttle unter Weltraumbedingungen wächst, vorgesehen. Derlei und viel mehr wird im Kartoffelmuseum in München präsentiert. Ein weiterer und weitgehend unbekannter Anlaufpunkt in der an Attraktionen nicht gerade armen Stadt. Für ein vertiefendes Studium des Kartoffelwesens sei neben dem Münchner Kartoffelmuseum auch auf die Seite des Mecklenburger Kartoffelanbaus hingewiesen. Dieser ist dem sich um die Kartoffel besonders verdient gemacht habenden Friedrich dem Großen näher als die Münchner Schau, bei der einem zudem droht, sie mit vom bayrischen Bier getrübten Sinnen wahrzunehmen.
knurps - 24. Mai, 17:19
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