Der Baum
Es war einmal. Lang ist’s her. Viele Schritte entfernt von den Kuhställen, bei denen ich damals in diesem von drei Bauernhöfen weitab von jeder dörflichen oder städtischen Menschenansammlung gestörten Tal mit seinen Wiesen, Äckern, Buchenhainen und dem plätschernden Bach wohnte, stand ganz für sich eine mir mächtig erscheinende Kastanie. Unter ihr gab es eine Bank.
Selten machte ich so weite Ausflüge. Nie habe ich dort jemand Anderen getroffen. Der Baum und die Bank waren nur für mich da. Und ich genoss es. Das war mein Baum und meine Bank. In meiner kindlichen Fantasie verkörperten sie den weitest vorgeschoben und schützenden Posten am Rande meiner Welt, meines Gebiets. So einen starken Baum hier weit draußen zum Freund zu haben, das war gut. Und es war ein Geheimnis. Niemand sonst wird diesen Baum entdeckt haben. Davon war ich überzeugt.
Der weite Weg dorthin war jedesmal ein Abenteuer. Der Baum war voller Güte. Er gab Schatten, er schützte vor Regen und erzählte alte, gütige Geschichten.
Jahrzehnte später in einem Anflug von Nostalgie machte ich mich per Auto von der Stadt aus auf, den Baum zu suchen und zu besuchen. Ich habe ihn gefunden. Er stand jetzt unmittelbar an einer Straße. Nicht weit davon gab es eine Siedlung. Reihenhäuser. Die Bank war verschwunden. Flaschen, Dosen und Papierreste fanden sich am Boden. Auf nicht näher festzumachende Weise wirkte er krank. Er war kaum wiederzuerkennen. Fremd und armselig stand er da, jeden Geheimisses beraubt, einer Vororträude ausgeliefert.
Jetzt gibt es ihn nicht mehr. Stattdessen befindet sich dort eine überdachte, gepflasterte Bushaltestelle. Niemand hier weiß von dem Baum. Ich denke, das ist auch gut so. Bei mir gibt es eine vage Erinnerung, eine durch den letzten Anblick des kranken Baumes zwischen vergangener Realität und unwirklicher Vorstellung nur ein ganz klein wenig schmerzende Leere.
Selten machte ich so weite Ausflüge. Nie habe ich dort jemand Anderen getroffen. Der Baum und die Bank waren nur für mich da. Und ich genoss es. Das war mein Baum und meine Bank. In meiner kindlichen Fantasie verkörperten sie den weitest vorgeschoben und schützenden Posten am Rande meiner Welt, meines Gebiets. So einen starken Baum hier weit draußen zum Freund zu haben, das war gut. Und es war ein Geheimnis. Niemand sonst wird diesen Baum entdeckt haben. Davon war ich überzeugt.
Der weite Weg dorthin war jedesmal ein Abenteuer. Der Baum war voller Güte. Er gab Schatten, er schützte vor Regen und erzählte alte, gütige Geschichten.
Jahrzehnte später in einem Anflug von Nostalgie machte ich mich per Auto von der Stadt aus auf, den Baum zu suchen und zu besuchen. Ich habe ihn gefunden. Er stand jetzt unmittelbar an einer Straße. Nicht weit davon gab es eine Siedlung. Reihenhäuser. Die Bank war verschwunden. Flaschen, Dosen und Papierreste fanden sich am Boden. Auf nicht näher festzumachende Weise wirkte er krank. Er war kaum wiederzuerkennen. Fremd und armselig stand er da, jeden Geheimisses beraubt, einer Vororträude ausgeliefert.
Jetzt gibt es ihn nicht mehr. Stattdessen befindet sich dort eine überdachte, gepflasterte Bushaltestelle. Niemand hier weiß von dem Baum. Ich denke, das ist auch gut so. Bei mir gibt es eine vage Erinnerung, eine durch den letzten Anblick des kranken Baumes zwischen vergangener Realität und unwirklicher Vorstellung nur ein ganz klein wenig schmerzende Leere.
knurps - 15. Mai, 06:07