Ausgerechnet in Finnland

Es erstaunt, dass ausgerechnet in Finnland das Handy solch einen Stellenwert einnimmt. In einem Land, in dem Telepathie zum Alltag gehörte, in welchen man spürte, wenn es einem hunderte Kilometer weit weg wohnenden Angehörigen schlecht ging oder dass sich jemand aufgemacht hat, einen zu besuchen und in drei Tagen vor der Tür stehen wird und man so schon den Kuchen backte und das Bett auf dem Ofen herrichtete.

Wer wie ich vor Jahren alleine ein paar Wochen in diesem Land fernab der Zivilisation und ohne mündliche Kommunikation verbracht hat, glaubt an diese Fähigkeiten der Menschen dort, war ich vermeintlich oder tatsächlich doch selbst in der Lage, solche Ahnungen zu spüren oder in der Not, sie neben dem Wissen um Bären und Vielfraße erleiden zu müssen.

Ein Land, in dem man zumindest nördlich des Polarkreises das Knacken eines Ästchens unter der Last eines Fußes oder Hufes Kilometer weit hören kann, wo ein lauer Wind, der sich in den Heidekräutern fängt, ein die Luft erfüllendes, klingendes Geräusch erzeugt, ein Land, wo der Ruf eines Vogels mehr und wohlklingendere und intensivere Musik bedeutet als bei uns ein Konzertbesuch, ein Land wo man die letzten 50 bis 60 km keinem Auto und keinem Menschen begegnet ist, aber der Umstand, dass man in purer Wildnis für ein paar Momente einen Schritt vom Weg abweicht, um in die unberührte Natur Wasser zu lassen, sofort einen mit 4 Männern besetzten Mercedes auftauchen lässt, von denen einer durch das herunter gekurbelte Fenster einem zornig und laut das Wort „Privat!“ entgegenschleudert, um darauf aufmerksam zu machen, dass man die Privatsphäre eines Ureinwohners verletzt, man dann unten im sanften Tal im Dickicht zuerst ein wenig Rauch und dann die Umrisse eines Hauses etwa ein Kilometer weiter entdeckt, wo man sich fragt, woher dieser Mercedes auf einmal auftauchte, wie diese Leute wissen konnten, dass ich gerade jetzt und hier einen falschen Schritt machte.

Wieso wird gerade hier die ganz große Handykultur gepflegt? Ist es der Verlust der angestammten Fähigkeiten dieser Waldmenschen, wie sie nun mal mit der Verstädterung einhergeht? Ich habe sie erlebt, die entwurzelten Menschen, wie sie in Städten wie Rovaniemi wie aus den Wäldern geholte Indianer herumirrten und herumlungerten bis Punkt 12:00 h mittags die staatlichen Alkoholläden aufmachten und sie sich ihre tägliche Dosis Feuerwasser besorgten um ab 12:15 h besoffen aber glücklich auf den Stufen der Häuser oder an einem Bahndamm zusammen zu sacken. Still und träumerisch glücklich vielleicht von Waldträumen beseelt.

Vielleicht ist es die eigentliche Sünde NOKIAs (oder Alvar Aaltos), diese Menschen in die Neuzeit katapultiert zu haben, vielleicht ist es aber auch nur der Zahn der Zeit. Vielleicht gibt es dieses Finnland der Traumrealität, wie ich es noch erlebt habe, gar nicht mehr.

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