Da steht sie schon am Rand meiner Straße, die Konstruktion, mit der am Rosenmontag die Straße gesperrt werden wird. D’r Zoch kütt nämlich nur 100 Meter von meiner Wohnung entfernt vorbei. Ich kann also, wenn ich will, Montag Nachmittag gemütlich die paar Schritte gehen und mir den dann sicher schon etwas lädierten Zug mit bereits abgekämpften Narren, die nur noch ein sehr heiseres „Helau!“ herauspressen und die letzten Kamelle nicht mehr werfen sondern fallen lassen, angucken.
Die gesamte Innenstadt ist abgeriegelt. Auch der Öffentliche Nahverkehr bedient die Innenstadt nicht mehr - bis auf eine Ausnahme, die U-Bahn. Alle U-Bahnen bedienen den U-Bahnhof Heinrich Heine Allee/Altstadt. Nie sind die U-Bahnen so sinnvoll wie an diesem Tag. Auch die Japaner, die es sich nicht leisten können, ihre globale, 24-stündige Präsenz dem rheinischen Frohsinn zu opfern, gelangen so in ihre Büros.
Doch eine gute halbe Million Menschen wird sich in den Straßen und Gassen drängeln und das gemeinsame Erleben genießen. Die Sache ist strengt organisiert. Der Mensch, der dafür zuständig ist, besteht darauf, dass er kein Karnevalist ist. „ich hasse diese Kappe“, sagt er, als er sich das Narrenschiff auf die grau melierten Haare setzt. Ich kann es ihm nachfühlen. Der offizielle Karneval also das, was man im Fernsehen sieht, diese militärisch geordnete Abfolge von befohlenem Klatschen, „Helau“-Schreien und Schunkeln hat mit Karneval so viel zu tun wie ein Erziehungscamp mit dem Leben. Karneval auf der Straße, so es ihn noch gibt und nicht auch dieser von den Krakenarmen der Industrie in ‚werbende’ Umarmung genommen wurde, ist etwas ganz Anderes.
Das zu erklären, ist so gut wie unmöglich. Nur soviel: Voraussetzung ist, dass man sich verkleidet (nicht nur kostümiert). Die Annahme einer neuen Identität ist wesenhaft für den Karneval.
In diesem Sinne: „Viel Spaß“ und „Helau!“