Ich bin ein Bastard und zwar einer der härtesten. Meine Existenz verdanke ich einem spleenigen Engländer. Ohne den wäre es unmöglich gewesen, dass sich meine Eltern getroffen hätten. Wie auch. Einer, Rhododendron catawbiense, wächst in den Alleghany Mountains/Appalachen in den USA und der andere Elternteil, Rhododendron ponticum, verstreut am Schwarzen Meer, dem Kaukasus, dem Libanon und auch in Portugal und in Südspanien (Provincia Cadiz).
Als Bastard hat man es schwer. Dieser spleenige Engländer hat noch gewusst, dass man mich am besten in einen lichten Wald mit leicht saurem, feucht humosem Boden pflanzt und üppig bis zu mehreren Metern Breite und etlichen Metern Höhe wachsen lässt. Aber der lebt nicht mehr und der merkantile Sinn der Familie hat mich über die ganze Welt verteilt, wobei Europa bevorzugt beliefert wurde.
So bin ich Unglücklicher in die Hände einer Wohnungsbaugesellschaft geraten, die nicht nur Menschenställe aus Beton baut sondern auch völlig ignorant mit mir umgeht. Die haben mich in diesen Trog gesteckt. Das ist alles Andere als die Weite einer humosen oberen Bodenschicht im Wald, die jeden Herbst mit neuem rottenden Laub von den Waldbäumen angereichert wird. Und dann haben die mich auch noch in diesen widerlichen Betonschacht mit Flusskies unter den Wurzeln – ja bin ich denn eine Wasserpflanze? – gesteckt.
So geht man um mit einem Bastard. Aber so ein Bastard wie ich, ich sagte es schon, weiß um das harte Dasein eines Bastards und da ich nun mal keine Rap-Songs in die Welt schreien kann, blühe ich eben zum zweiten Mal in diesem Jahr. So macht man das als gedemütigter Bastard. Das ist besser als lamentieren. Letzteres überlasse ich den Menschen, die in den Betonkäfigen der Wohnungsbaugesellschaft leben, so lange sie keine Gangs bilden und stolze Rap-Songs shouten und dazu tanzen. Break-Dance nennen sie diese kaputten Tänze. Für die blühe ich gerne zweimal im Jahr, obwohl ich gar nicht dafür geboren wurde.
Fuck off, bastards!
argee gleim - 4. Sep, 17:40